Ein Versuch zu überleben

Straßenzeitungen

Straßenzeitungen helfen arbeits- und obdachlosen Menschen ihre gesellschaftliche Ausgrenzung zu beheben. Gleichzeitig geben sie den Ausgegrenzten aber auch eine Stimme. Da sie unabhängig von den Medienkonzernen sind, berichten sie auch unabhängiger.

Straßenzeitung nehmen zunehmend eine wichtige Funktion im sozialpolitischen Diskurs ein. Mit einer Auflage von rund 20 000 Stück alle vierzehn Tage und 450 Verkäufern ist der Augustin die größte und älteste Straßenzeitung unter den fünf Österreichischen Straßenzeitungen, gefolgt vom Grazer Megaphon, der Linzer Kupfermuckn, dem Zwanzger in Innsbruck und dem Apropos in Salzburg.

Die ersten Straßenzeitungen entstanden in den USA Mitte der 1980er Jahre. In England griff Gordon Roddick vom Bodyshop und der arbeitlose Journalist John Bird die Idee auf und gründete in London Big Issue - eine Straßenzeitung, die zum Vorbild einer Unzahl weiterer Straßenzeitungen in Europa und in Übersee wurde. Verkauft werden sie von Arbeits- und Obdachlosen. Die Hälfte des Erlöses geht an die Verkäufer.

Straßenzeitungen in Deutschland

Durch Straßenzeitungen können die Überflüssigen wieder eine Funktion in der Gesellschaft übernehmen: sie verkaufen Information. Eine ganz wichtige Voraussetzung für das Entstehen von Straßenzeitungen ist die Entwicklung von Grafik- und Layout Programmen, mit denen jeder Mann und jede Frau auch ohne besondere Kenntnisse umgehen kann meint der verantwortliche Redakteur des Berliner Magazins Straßenfeger, Stefan Schneider.

In Deutschland entstanden Anfang der Neunziger Jahre mehrere Straßenzeitungen gleichzeitig. In Hamburg entstand 1994 die Zeitung Hinz und Kunz, hinter dem die evangelische Diakonie steht, und im selben Jahr in München Der Biss, hinter dem die katholische Caritas steht. In Berlin gibt es drei Straßenzeitungen.

Eine ist die Stütze, die seit zwei Jahren erscheint, ein Hochglanzmagazin, das einmal im Monat mit 15 000 Auflage erscheint. Herausgeber ist der Verein Die Stütze-Aufbruch von unten, ein Verein, der sich aus dem Erlös der Zeitung finanziert und Arbeits- und Wohnungslosen den Aufbruch von unten ermöglichen will - inklusive Notquartier.

Sozialkonzern Big Issue

Die älteste europäische Straßenzeitung ist der Big Issue in Großbritannien. Gegründet 1991 von Gordon Roddick und dem arbeitslosen Journalisten John Bird. Heute ist Big Issue ein Sozialkonzern.

Es gibt allein in Großbritannien fünf verschiedene regionale Ausgaben des Big Issue. Die Zahl der Leser von Big Issue ist ungefähr so hoch wie die der angesehenen englischen Tageszeitung The Guardian. Das Rezept: eine ekklektische Mischung von Nachrichten, Unterhaltung und Interviews mit berühmten Persönlichkeiten, aufbereitet von professionellen Journalisten.

Zwei Seiten jeder Ausgabe werden von Arbeits- und Obdachlosen gestaltet. Verkauft wird Big Issue von 2000 bis 3000 Verkäufern, davon ca. 400 in London. Im Übrigen versteht sich Big Issue heute als eine international vernetzte Organisation, um der weltweit stark steigenden Zahl von Obdach- und Arbeitslosen unter die Arme zu greifen. Big Issue gibt es in Japan, in Südafrika, Namibia, Brasilien und Australien.

Das internationale Netzwerk der Straßenzeitungen

Big Issue gehört zu dem Internationalen Netzwerk der Straßenzeitungen, dem auch die österreichischen Straßenzeitungen angehören: der Augustin in Wien, das Megaphon in Graz, die Kupfermuckn in Linz, Apropos in Salzburg und der Zwanzger in Innsbruck.

Das INSP, das International Network of Streetpapers ist mit 55 Mitgliedern und weltweit einer Auflage von 26 Millionen Straßenzeitungen eine mediale Macht. Die Situation in den verschiedenen Ländern ist jedoch sehr unterschiedlich.

Eines haben jedoch alle Straßenzeitungen gemeinsam: sie sind ein Versuch zu überleben - in einer Gesellschaft, in der die Erwerbsarbeit drastisch entschwindet, und damit die Möglichkeiten Geld für ein menschenwürdiges Leben zu verdienen.

Download-Tipp
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