Indiens Wirtschaftsaufschwung zum High-Tech-Riesen

Vom Armenhaus zur Boomregion

Indien zählt zu jenen großen Ländern Asiens, die einen regelrechten Wirtschaftsboom erleben. Acht Prozent Wachstum, und das bei gut einer Milliarde Einwohnern. Andererseits herrscht noch immer größtenteils Armut. Auch die Infrastruktur ist mehr als mangelhaft.

Christoph Leitl über Marktchancen in Indien

Indien gehört neben China zu den großen Boomregionen in Asien. Neben Software und High Tech sind in der Luftfahrt und im Tourismus deutlich sichtbare Zeichen für einen wirtschaftlichen Aufschwung erkennbar.

Das Land der krassen Gegensätze

Bangalore ist eines der ersten und nach wie vor das führende High-Tech-Zentrum Indiens. Es wird auch das indische Silicon Valley genannt. 3.500 Unternehmen aus aller Welt, darunter alle führenden Software-Konzerne, sind vor Ort, forschen und/oder produzieren Soft- und Hardware oder haben ganze Geschäftszweige hierher ausgelagert, zum Beispiel Call Centers. Der Umsatz der IT-Branche in Indien beläuft sich auf insgesamt etwa 28 Milliarden Dollar.

Vieles in Bangalore konnte jedoch mit dem rasanten wirtschaftlichen Aufschwung nicht mithalten. Die Stadt erstickt im Verkehr auf Straßen der 1960er Jahre. Der Flughafen ist viel zu klein. Wie überall in Indien fehlt es massiv an Wohnraum. Obdachlosigkeit ist in Indien ebenso allgegenwärtig wie Armut: krasse Gegensätze also zu Aufschwung und Wohlstand durch den Hi Tech Boom.

Die Ursprünge des Wirtschaftsbooms

Die Wurzeln des Aufschwungs von Bangalore reichen in die 1950er Jahre zurück. Weit weg vom Konfliktherd Pakistan und Kaschmir siedelte sich das Militär samt seiner Industrie an.

In der Folge blühten Colleges und Universitäten; sie haben heute Weltruf und entlassen hoch qualifiziertes Personal fast wie am Fließband in die Praxis. Anfang der 1980er Jahre wurde Bangalore vom US-Konzern Texas Instruments entdeckt. Ein Schneeballeffekt setzte ein, der bis heute andauert.

Riesiges Wachstumspotential

Anfang der 1990er Jahre hat Indien begonnen, seine Märkte zu öffnen und zu liberalisieren. Das Ergebnis: Der Subkontinent hat die viertgrößte Wirtschaft der Welt und ein Wirtschaftswachstum von fast acht Prozent.

Zunehmend kennzeichnen weitere Branchen wie etwa die Luftfahrt den Aufschwung signifikant: Rund 18 Millionen Passagiere reisen derzeit in Indien jährlich per Flugzeug. Zum Vergleich: Allein die AUA befördert fast zehn Millionen Passagiere pro Jahr. Bis 2010 sollen in Indien 50 Millionen Passagiere pro Jahr mit dem Flugzeug unterwegs sein.

Das Wachstumspotential ist riesig. Angesichts der desolaten Eisenbahnen und Straßen sowie der großen Entfernungen wird das Flugzeug immer mehr zu einem wichtigen und leistbaren Verkehrsmittel. Durch den wirtschaftlichen Aufschwung boomen die Geschäftsreisen. Gleichzeitig wird die Mittelschicht Indiens immer größer, sie wird auf 300 bis 350 Millionen Menschen geschätzt. Und sie besitzt auch das nötige Kapital, um zu reisen.

Die derzeitige Situation

Indien hat etwas mehr als eine Milliarde Einwohner, auf einem Drittel der Fläche der USA. Das Durchschnittsalter ist 25 Jahre. Es gibt 380 Universitäten und 1.500 Forschungszentren. Jährlich schließen etwa 700.000 Inder ihr Studium ab.

Der Subkontinent ist auch der weltgrößte Produzent von Obst, Gemüse, Weizen und Tee. Er ist ebenso weltweit die Nummer Eins in der Textil- und Filmproduktion und eines von sechs Ländern, das Satelliten ins All schießen kann.

Momentane Defizite

Der Tourismus Indiens steckt im internationalen Vergleich allerdings noch in den Kinderschuhen. Insgesamt besuchen den Subkontinent derzeit etwa drei Millionen Touristen und Geschäftsreisende. Bei prognostizierten Zuwachsraten von 20 bis 25 Prozent sollen es in sieben bis acht Jahren 15 Millionen Touristen sein.

Das größte Problem und auch Wachstumshemmnis Indiens ist die schlechte und veraltete Infrastruktur. Daher will die indische Regierung 150 Milliarden Dollar in den Ausbau der Infrastruktur investieren - also in den völlig veralteten Schienenverkehr, in Straßen, Häfen und Flughäfen.

Der Wettlauf hat begonnen

"Wir glauben manchmal, Indien - das sind die Bloßfüßigen; das sind sie längst nicht mehr“, sagt Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl: "Indien ist auf dem Weg zu einer der ganz großen Wirtschaftsmächte der Welt. Alle glauben, in China spielt es sich ab; ich glaube, Indien wird in zehn bis 15 Jahren gleichwertig mit China sein. Dann wird das Match im weltweiten Wettbewerb zwischen den USA, Europa, zwischen Indien und China und mit Abstand Japan ausgemacht werden“.

Dieses Match will natürlich keiner verlieren. Der Wettlauf um Indien ist daher jetzt bereits in vollem Gang. Die momentan noch günstigen Bedingungen machen Investitionen für Geschäftsleute zusätzlich schmackhaft. Denn zur Zeit gibt es vor allem drei Gründe, warum Unternehmen nach Indien kommen: die gut ausgebildeten Arbeitskräfte, ihre Verfügbarkeit, und die niedrigen Löhne.

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Links
Wikipedia - Wirtschaft Indiens
Wirtschaftskammer - Indien-Seite
CIA World Factbook - India
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