Kulturpass öffnet Türen zur Kunst
Hunger auf Kunst und Kultur
Die Frühpensionistin Verena L. muss mit rund 800 Euro im Monat auskommen. Für Theater und Kino reicht es nicht. Seit kurzem hat sie aber freien Eintritt: sie besitzt einen Kulturpass. Bislang nur in Wien erhältlich, jetzt auch in Salzburg.
8. April 2017, 21:58
Am Montag ist von der Armutskonferenz Salzburg der neue Kulturpass vorgestellt worden. Eine rosa Papierkarte in der Größe eines Führerscheins, auf der vorne "Kulturpass - Hunger auf Kunst und Kultur" gedruckt ist.
"Hunger auf Kunst und Kultur" nennt sich die in Wien schon länger laufende Aktion, die für Menschen mit wenig Geld Gratiseintritt zu Kulturveranstaltungen schafft. Die Initiative beruht auf einer Idee des Wiener Schauspielhauses in Zusammenarbeit mit der Armutskonferenz, dem größten Netzwerk zur Armutsbekämpfung in Österreich.
Kultur als Lebenselexier
"Wenn ich mich länger nicht mit Kultur auseinandersetze, kommt mir die Welt sehr trocken vor. Bekomme ich dann wieder die Gelegenheit, bin ich immer wieder überrascht, welch fantastische Ideen die Künstler haben", sagt Verena Leitner, seit mehreren Monaten eine von 8.000 Kulturpassbesitzern in Wien. Ohne den Pass könnte sie sich teure Kulturveranstaltungen nicht leisten. Seit sechs Jahren ist die 35-Jährige aufgrund psychotischer Attacken in Frühpension. 750 Euro beträgt ihre monatliche Pension, dazu kommen 100 Euro Wohnbeihilfe. Genug zum Leben, doch zu wenig, um sich etwa den Eintritt ins Theater leisten zu können.
"Meine Planung sieht so aus, dass ich nach Abzug meiner Fixkosten pro Tag zehn Euro zur Verfügung habe. Das hört sich vielleicht viel an, aber wenn ich noch sieben Euro Extraausgaben habe, bleiben nur mehr drei Euro zum Essen. Brauche ich dann noch ein Gewürz, sind die zehn Euro schnell weg."
Ausgabe bei Hilfsorganisationen
Der Pass wird von keiner staatlichen Behörde ausgestellt, sondern von sozialen Hilfsorganisationen. Die Einrichtungen geben die Pässe an von ihnen betreute Personen aus. In Wien sind dies 40 solcher Einrichtungen, in Salzburg zu Beginn 15.
Die Handhabung der Vergabe soll möglichst unbürokratisch erfolgen. Die Entscheidung wer einen Kulturpass bekommt, liegt letztlich bei den Betreuungseinrichtungen. Als Richtlinie gilt, dass die Betroffenen an der Armutsgrenze leben. In Salzburg wird die Aktion mit cirka 1.000 Pässen anlaufen und später auf das ganze Bundesland ausgeweitet werden.
Funktion einer Kreditkarte
Die Idee zu "Hunger auf Kunst und Kultur" hatte Airan Berg, Direktor des Wiener Schauspielhauses, vor zwei Jahren. Als Chef eines öffentlich subventionierten Theaters wollte er sein Haus auch für jene öffnen, die sich den Eintritt nicht leisten können.
"Der Pass funktioniert bei uns wie eine Kreditkarte. Die Leute können bei uns anrufen und eine Karte reservieren. Es sind ganz bewusst keine Restkarten, denn wir wollen den Leuten nicht das Gefühl geben, nur das zu bekommen was übrig bleibt", so Airan Berg. Finanziert wird die Aktion, bei der in Wien 25 Kultureinrichtungen mitmachen, durch Spenden von Besuchern. Unter ihnen will man auch das Bewusstsein wecken für das Thema Armut. 460.000 Österreicherinnen und Österreicher leben laut jüngstem Sozialbericht in akuter Armut, gut eine Million gelten als armutsgefährdet.
Download-Tipp
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Links
Armutskonferenz - Noch mehr Hunger auf Kunst und Kultur!
Schauspielhaus - Hunger auf Kunst und Kultur
Hunger auf Kunst & Kultur - Salzburg