Wilhelm Holzbauer, Spezialist für Theaterbauten
50 Jahre Staatsoper - Teil 3
Er zählt zu Österreichs Star-Architekten und ist Spezialist für Theater-Bauten: Wilhelm Holzbauer. Der Holzmeister-Schüler, derzeit mit der Umgestaltung des "Hauses für Mozart" befasst, erinnert sich an die Diskussionen um den Wiederaufbau der Wiener Oper.
8. April 2017, 21:58
Wilhelm Holzbauer über Theaterbau
"Ich war damals Student bei Clemens Holzmeister, der auch ein Projekt für den Wiederaufbau der Staatsoper gemacht hat, aber Erich Boltenstern gewann den Wettbewerb. Holzmeister hatte ja immer die Idee von einer großen Bühne. Und ich erinnere mich noch genau an eine Zeichnung, wo er bei seinem Entwurf über dem Bühnenportal sogar ein Kammerorchester hinauf gesetzt hat. Wir Jungen sagten damals: Die Oper ist ja ohnehin zerstört, warum nicht gleich ein neues Opernhaus? Rückblickend muss ich sagen, dass man zum Glück nicht immer auf junge Heißsporne hört. Und Boltenstern, der ein seriöser Architekt war, hat sich mit seiner ganzen Seele in diesen Bau hineingearbeitet", beurteilt Wilhelm Holzbauer, einer der Star-Architekten Österreichs und selbst ein Spezialist für Theaterbauten, die Gestaltung der wiederaufgebauten Wiener Staatsoper.
"Ich erinnere mich an eine Diskussion im Brahmssaal - es muss etwa um 1953 gewesen sein - an der auch noch Josef Hofmann teilnahm und wo Boltensterns Projekt sehr angegriffen wurde. Man hat ihm vorgeworfen, dass seine Umsetzung ein Mittelding sei, moderat modern, wie man heute sagt. Wenn ich an die Dresdner Semper-Oper denke, wäre ich aus heutiger Sicht für eine echte Rekonstruktion. Bei der alten Wiener Oper gab es noch eine Einheit der Foyer-Bereiche mit dem Zuschauerraum, die existiert nicht mehr. Es gibt Kronleuchter und Gold-Elemente, also alles, was ein traditionelles Theater hat - aber eben in einer etwas manirierten Architektursprache. Insgesamt betrachtet, hat es der Staatsoper aber nicht geschadet. So gesehen, ist es eine gute Arbeit", stellt Holzbauer fest.
Holzbauers "Haus für Mozart"
Derzeit arbeitet der renommierte Architekt mit dem Umbau des Kleinen Festspielhauses in Salzburg in ein "Haus für Mozart". Eine besonders sensible Arbeit, weil es kein völliger Neubau, sondern eine Neugestaltung mit Eingriffen in die bestehende Architektur seines einstigen Lehrers Holzmeister verbunden ist.
"Die größte Herausforderung war die vorgegebene Breite des Hauses, wo man nichts verändern kann. Wir haben nun den Saal, der mit 42 Metern viel zu lang war, um zehn Meter verkürzt. Die erste Reihe Balkon ist nun um neun Meter weiter vorgerückt, trotzdem gibt es 200 Sitzplätze mehr - das war das Kunststück", erläutert Holzbauer seinen Kunstgriff.
Paraphrase der Holzmeister-Fassade
"Ursprünglich wollte ich die Holzmeister-Fassade ja erhalten - nur stellte sich heraus, dass unser Plan, dass man aus dem Foyer auf die vorgelagerte Terrasse gehen kann, nicht möglich gewesen wäre. Ich würde sagen, dass die Neugestaltung eine Paraphrase der Holzmeister-Fassade ist."
"Uns war wichtig, dass der Besucher das Gefühl hat, vor einem Theater zu stehen: Man wird nun in das Foyer hineinschauen und aus dem Foyer auf die Rückseite der Kollegienkirche blicken können. Und ein funktioneller Aspekt: Die Terrasse, die seit 1924 geschlossen war, kann man nun benützen. Es wird also eine unglaubliche Verbesserung sein", so Wilhelm Holzbauer. Eröffnet wird das neue Haus im Mozart-Jahr mit "Der Hochzeit des Figaro" am 26. Juli 2006.
Ein Vermächtnis
Dass der gebürtige Salzburger Wilhelm Holzbauer gerade um diesen Auftrag so gekämpft hat, hängt mit einem sehr persönlichen Erlebnis zusammen, wie er erzählt:
"Ich war in seinen letzten Jahren eng mit Clemens Holzmeister befreundet. Etwa drei Wochen vor seinem Tod habe ich ihn im Krankenhaus in Hallein besucht. Ich saß damals bei ihm und er hielt meine Hand. Zeitweise war er bei Bewusstsein, dann wieder weg. Und plötzlich sagte er: 'Das Kleine Festspielhaus, das bauen wir noch um - und Du hilfst mir'. Es mag wie eine erfundene Geschichte klingen, aber es war wirklich so."
Rathaus und Oper in Amsterdam
"Es waren ja vor allem zwei Gebiete, mit denen sich Holzmeister beschäftigt hat: Der Kirchen- und der Theaterbau. Dadurch gab es schon bei meinem Studium diese Schwerpunkt-Bereiche", erzählt Holzbauer. Zum Theater-Bau kam er schließlich über Umwege:
"Ich habe 1968 den Wettbewerb für den Neubau des Amsterdamer Rathauses aus über 800 Einreichungen gewonnen. Dieser Bau wurde aber aus politischen Gründen sehr lange nicht realisiert. Geplant waren damals ein neues Rathaus und ein neues Opernhaus. Die Oper wurde von zwei Architekten entworfen, die jahrelang auf die Verwirklichung warteten. Schließlich gab es für beide Projekte kein Geld. Da hatte ich die Königsidee: Rathaus und Oper in einem Komplex unterzubringen. Und dieser Vorschlag gefiel der Regierung in Den Haag sehr gut. Offiziell war ich mit den beiden Architekten, zwei bereits älteren Herren, verbunden, aber durch die lange Wartezeit hatten sie die Lust an dieser Arbeit verloren. Mein Projekt wurde dann relativ schnell verwirklicht und war 1986 fertig - das war mein erster Theaterbau."
Festspielhaus Baden-Baden
Das zweite große Theater-Projekt des Star-Architekten ist das Festspielhaus Baden-Baden, das 1998 eröffnet wurde. "Dieser Bau, wo der alte Kaiser-Bahnhof eingebunden wurde, war eine sehr reizvolle Sache. Man hatte aber von Anfang an Angst vor dem großen Volumen eines Theaters für 2.500 Besucher."
"Ich habe versucht, eine subtile Anordnung dieses großen Baukörpers zu erreichen, indem ich hinter das sehr fragile Bahnhofsgebäude durch drei Terrassen das Erscheinungsbild sehr gemildert habe."
Zukunftswunsch: Museum
Wilhelm Holzbauer, Jahrgang 1930, blickt heute auf ein Oeuvre von rund 400 Projekten zurück: Von der Kirche in Parsch, seiner ersten Arbeit 1953, über U-Bahnbauten, Büro-komplexe bis zu Entwürfen für Opern- und Konzerthäusern in Sidney, Paris, Tokio und Kanton. Ebenso hat er die vier neuen Säle des Musikvereins gestaltet. "Jetzt haben wir gerade den Techgate Tower fertiggestellt, was mich sehr freut. Denn die drei Eingangsbauten in der Wiener Donau City stammen alle aus meinem Atelier", stellt der gefragte Architekt fest. Gibt es da überhaupt noch einen unerfüllten Wunsch?
"Ja, ein Museum. Ich habe zwar mehrere Projekte gemacht, aber sie wurden nicht realisiert. Es ist für mich eben eine andere Ebene - ich würde es fast mit einem Opernhaus vergleichen", antwortet der erfolgreiche Architekt, dessen neues Buch "Wilhelm Holzbauer - 50 Jahre Architektur" Ende dieses Monats erscheint.
Mehr zum Alltag nach 1945 in 2005.ORF.at
Buch-Tipp
L. Waechter-Böhm (Hrsg.), "Wilhelm Holzbauer - 50 Jahre Architektur", Springer Verlag, ISBN 3211239383
Veranstaltungs-Tipps
Das Festkonzert am Samstag, 5. November 2005 um 19:00 Uhr anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Eröffnung der Wiener Staatsoper nach dem Zweiten Weltkrieg wird live auf den Herbert-von-Karajan-Platz übertragen. Ebenfalls live ist das Konzert in Ö1 zu hören, ORF 2 sendet zeitversetzt ab 20:00 Uhr.
Mehr dazu in Ö1 Programm und tv.ORF.at
Ausstellung "Moderat Modern. Erich Boltenstern und die Baukultur nach 1945", bis Sonntag, 29. Jänner 2006, Wien Museum,
Ö1 Club Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (50 Prozent).
Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der im Museumsshop erhältlich ist (248 Seiten, EUR 29,-).
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