Ein Lexikon für den Rock 'n' Roll
50 Jahre und kein bisschen leise
Natürlich ist der Rock 'n' Roll nach wie vor auch kein bisschen weise. Nach Ansicht einiger Experten wurde er im letzten Jahr 50 Jahre alt. Die "Süddeutsche Zeitung" widmet dem Jubilar eine 50-bändige Buchreihe, die von 1955 bis 2004 reicht.
8. April 2017, 21:58
Tausend Songs, 20 pro Jahr aus der 50-jährigen Popgeschichte, hat die Redaktion des "Süddeutschen Zeitung Magazins" zusammengestellt und präsentiert sie in einer Buchreihe, die vom Jahr 1955 bis zum Jahr 2004 geht. Eigentlich gilt ja für so manchen Pop-Exegeten das Jahr 1954 aufgrund der ersten Aufnahmen von Elvis Presley als das Geburtsjahr der modernen Popmusik im Sinne eines (weißen) Massenphänomens.
Aber auch über diese Annahme lässt sich natürlich trefflich streiten, hysterische Teenager gab es schon bei Frank Sinatra und einen Rock-and-Roll-Lifestyle lebte schon Hank Williams. Ganz zu schweigen von der rauen und unverfälschten Musik afroamerikanischer Musiker, mit deren Adaption nicht nur Elvis reich und berühmt wurde, im Gegensatz zu den meisten seiner schwarzen Vorbilder.
Visitenkarten in Text, Bild und Ton
Egal, die Idee einer Art Pop-Enzyklopädie hat etwas Reizvolles: Jeder Band enthält ein Essay, eine Fotostrecke, ein Interview und eine eigens produzierte CD, die im Buchrücken zu finden ist.
Auf diesem Silberling sind die laut Redaktion besten 20 Songs des Jahres versammelt. Diese etwas vollmundige Ankündigung hat mich doch etwas verwundert und ist für eine seriöse Redaktion wie die der "Süddeutschen Zeitung" unwürdig. Und nicht nur deshalb, weil das Adjektiv "beste/r" am besten in kommerziellen Radiostationen, Fernsehkanälen und Lifestyle-Magazinen aufgehoben ist.
Keine Beatles, keine Stones
Aus verständlichen Gründen erhielten die Macher dieser Serie keine Veröffentlichungsrechte für wichtige Songs und oder Superhits der Beatles, Stones und von noch einigen anderen Größen der Pop- und Rockgeschichte. Diese Perlen werden von den Plattenfirmen und Verlagen eifersüchtig und argwöhnisch bewacht wie sonst wohl nur der Nibelungenschatz von Fafner.
Dieser Umstand ist zu verkraften, weil viele Musikbegeisterte diese Songs ohnehin schon im CD-Regal stehen haben und dadurch der Blick frei wird für noch unentdeckte Schätze. Im Fall dieser Buchreihe werden auch Aufnahmen aus Südamerika und Afrika vorgestellt. Und natürlich präsentiert ein deutscher Verlag in jedem Band mehrere deutschsprachige Veröffentlichungen.
Resümee
Bis jetzt ist in nichtchronologischer Reihenfolge etwa die Hälfte der Bände erschienen, die Serie wird in circa einem Jahr komplett sein. Ich habe mir die Bücher über die Jahre 1959, 1980 und 2001 näher angesehen. Die Auswahl der Musik und auch der Fotos ist hier durchaus kompetent und liebevoll. Die Qualität der Essays und der Interviews ist für mein Empfinden doch sehr unterschiedlich, weil hier von einem gepflegten feuilletonistischen Stil bis hin zum schnoddrigen teutonischen Popjournalismus alles zu finden ist.
Fazit: Vielleicht nicht die "besteste" aller möglichen Realisationen dieser guten Idee, aber ein interessanter und informativer Überblick über die letzten fünfzig Jahre. Ad multos annos.
Buch-Tipp
"Diskothek", 50-bändige Buchreihe mit 50 Musik-CDs, Süddeutsche Zeitung
Hör-Tipp
Spielräume, Montag, 31. Oktober 2005, 17:30 Uhr
Link
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