Von Fliegen-Maden und Holzwurm-Larven
Was aßen unsere Vorfahren?
Paradeiser, Erdäpfel, Bananen, Erdbeeren usw. - je weiter man in der Geschichte zurückgeht, desto weniger bleibt von dieser Produktvielfalt, die wir heute gewohnt sind. Und irgendwann fragt man sich: Was aßen eigentlich unsere Vorfahren?
8. April 2017, 21:58
Was im Mittelalter auf den Tisch kam, darüber gibt es genügend schriftliche Aufzeichnungen. (Eine Ausstellung darüber mit dem Titel "Um die Wurst" ist noch bis Jänner 2006 im Wien Museum zu sehen.) Aber was speisten Römer, Griechen und Germanen?
Ohne Zweifel waren es vor allem die klimatischen Bedingungen, welche die menschlichen Essgewohnheiten formten. Die leichte mediterrane Küche mit viel Obst, Gemüse, Korn, Olivenöl und Wein ist in den Mittelmeerländern schon seit Jahrtausenden verbreitet.
Dagegen ernährten sich die "Barbaren" im Norden noch lange von der Jagd und Fischerei, sie züchteten in den Wäldern vor allem Schweine, Öl war fast unbekannt, ebenso Weizenbrot, und anstatt Wein tranken die Germanen und Kelten "Cervisia" - Asterix-Lesern als Bier wohl bekannt.
Die Erfindung der Landwirtschaft
Die einschneidendste Veränderung in der Geschichte der Menschheit war sicherlich die neolithische Revolution, also die Erfindung der Landwirtschaft. Heute gehen Prähistoriker allerdings von einer gemächlichen Entwicklung aus, nicht von einer Revolution. Das legen 30.000 Jahre alte Funde von Kulturpflanzen aus dem Nahen Osten nahe.
Bis auch die ersten Nutztiere "ins Haus übernommen", sprich domestiziert wurden, sollten noch mehr als 20.000 Jahre verstreichen. Und wenn wir noch weiter zurückblicken und fragen: Was aßen überhaupt die ersten Menschen unserer Gattung?
Eine Antwort auf diese Frage ist von großer Bedeutung, denn damit verbunden ist die Evolution des menschlichen Gehirns. Ernährten sich unsere Vorfahren hauptsächlich von Knollen und Fleisch, wie viele Forscher glauben, dann fehlten bestimmte Fette, die für den Aufbau eines großen Gehirns nötig sind.
Fliegen-Maden als Fettlieferant
Zwei junge Wiener Anthropologen haben eine neue Hypothese entwickelt, die auf den ersten Blick ziemlich abstrus erscheint: Erst der Verzehr von Fliegen-Maden hat dem frühen Menschen jene Fette geliefert, die sein Gehirn für das Größenwachstum brauchte.
Zugegeben, diese Idee scheint ekelig. Wer isst schon Maden? Aber schon die alten Römer verspeisten "cossus", eine Holzwurm-Larve, die angeblich köstlich schmeckte. Und wenn man sich den Nährwert von Insekten anschaut, ist man überhaupt nicht mehr verwundert, dass in fast allen Kulturen - von Papua Neuguinea bis zum Amazonas - Larven mit Liebe gegessen.
100 Gramm afrikanischer Termiten enthalten fast dreimal soviel Kalorien wie ein Big Mac, und 100 Gramm Fliegenlarven bestehen aus doppelt soviel Fett und fünfmal soviel Eiweiß wie ein Big Mac. Und das Beste daran: Diese Insektenlarven bestehen aus jenen Fettsäuren, die zum Aufbau des menschlichen Gehirns nötig sind.
Download-Tipp
Ö1 Clubmitglieder können die Sendungen der Woche gesammelt jeweils am Donnerstag nach Ende der Live-Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen.
Veranstaltungs-Tipp
Ausstellung "Um die Wurst. Vom Essen und Trinken im Mittelalter", Donnerstag, 2. Juni 2005 bis Sonntag, 8. Jänner 2006, Wien Museum Karlsplatz,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (50 Prozent).
Link
Wien Museum