150. Todestag von August Lanner

Lanner, der Zweite

In den Zeiten vor der Musikkonserve war es für Komponisten keineswegs leicht, ihr Werk über die eigene Epoche hinaus aufgeführt zu wissen. Einzige Gewissheit: Traten Söhne in die Fußstampfen, blieb dadurch die Trademark erhalten.

War es ein besonderer werbetechnischer Schachzug, der ständig unter dem Druck des Neuen stehenden Wiener Unterhaltungswirtschaft, dass man einen Neunjährigen gleich nach dem Tod seines Vaters vor dessen glorioses Orchester stellte, mit der Geige in der Hand? Ist es verwunderlich, dass man das "Lannerl“ auslachte und den Buben somit vorerst seiner Kindheit zurück gab?

Zünfte

Dass ein Sohn dem Vater in dessen Profession nachfolgt, ist über Jahrhunderte geübter Brauch der Zünfte. Dies gilt für die Handwerker, aber in mancher Hinsicht auch für künstlerische Berufe. Bach und Mozart mögen hier als Beispiele dienen.

Langsam wuchs der Sohn in den Orchesterbetrieb hinein, bis er ihn schließlich selbst übernahnm. Das stellte sich auch als Glücksfall heraus. Gänzlich anders war es bei Johann Strauß sen. Dieser verfolgte seine Söhne mit Neid und erschwerte deren Künstlerleben, wo es nur ging.

Die familiäre Erbfolge hatte zwei Vorteile: einerseits sicherten sie die Kontinuität des eigenen Erfolgs. Die vom Publikum geschätzten Orchester konnten so weiter bestehen und auch den eingeführten Namen behalten. Zum Zweiten aber stand der Neue auch für das Neue, weshalb das Publikum aus der Position gesicherter Vertrautheit neugierig gemacht werden konnte.

Lanners Kappelle

Der freie Markt, auf dem sich der freie Künstler dar- und anbot, erforderte solche und ähnliche Überlegungen. Die Konkurrenz war groß und daher war es ratsam, dem Publikum in dessen Bedürfnissen nichts weniger als zuvor zu kommen. Als Joseph Lanner 1843 im Alter von 42 Jahren verstarb, hinterließ er ein eingespieltes und mit Ruhm bekränztes Orchester.

Vielfältigste Aufgaben hatte dieses unter seinem Kapellmeister geleistet und das Publikum mit unterschiedlichster Musik zu erfreuen gewusst. Lanners eigene Werke hatten da ebenso eine Rolle gespielt, wie die vielen Aufführungen aktueller Musik aus dem Bereich der Oper. Lanner hatte sie extra für seinen Klangkörper eingerichtet. Wie sollte es nun weitergehen?

Der Versuch mit dem kleinen August als Wunderkind misslang also. Man kann darin durchaus auch ein kritisches Verständnis seitens des Publikums erkennen, welches sich nicht nur mit kindlichen Sensationen abspeisen lassen wollte. Es forderte eben die gewohnte Qualität ein. Das war auch gut für das Kind. Zehn Jahre waren ihm nun noch gegönnt, um sich zu entwickeln. Am 19. März 1853 feierte er sein Debüt im Fünfhauser Bierhaus. Dort hatte bereits sein Vater triumphiert, auch der Sohn wurde stürmisch gefeiert.

Süßer Müßiggang

Damit zeigte sich, dass Wien immer noch seine Lannerianer und nicht nur die Straußianer hatte. Nach dem grandiosen Aufstieg von Johann Strauß Sohn sagte man in Wien: "Gute Nacht Lanner - gute Nacht Strauß Vater!“ August Lanner hat mit seinem "D’ersten Gedanken op. 1“ eine hervorragende Talentprobe geliefert, die zu den schönsten Hoffnungen berechtigte. Eine das Geschäft belebenden Konkurrenz zum Alleinherrscher Strauß jr. schien sich anzubahnen.

Aber die großen Hoffnungen erfüllten sich nicht. Lanner jr. wurde Opfer seines frühen Ruhmes. Dieser ermöglichte ein allzu süßes Leben, dem der junge Musiker nicht widerstehen konnte und der seine Physis strapazierte. Am 27. September 1855 verstarb er - wie es der Totenschein vermeldet - an Typhus.

Heute verwahrt die Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek die Erstdrucke von 33 Werken August Lanners, der durch seinen frühen Tod mit 20 Jahren doch keine Dynastie mehr weiterführen konnte. Seine ersten Kompositionen beweisen allerdings die geniale Begabung.