Ein Kaktus, mehrere Kaktusse!

Spadschetti!

Der Rat für deutsche Rechtschreibung. Er tritt mindestens zweimal im Jahr zu einer Sitzung zusammen, heißt es in seinem Statut. Bei diesem Tempo kann er eigentlich nicht so viel verhauen. Die Sprache schlägt sich ohnehin von selber kurz und klein.

Seit Beginn dieses Schuljahres ist die Übergangsfrist zu Ende, die die Rechtschreibreform 1998 bekommen hatte. Nun werden Wörter, die bisher von den Lehrern nur angezeichnet aber nicht gewertet wurden, als Fehler gerechnet. Aber noch sind ja vom Rat für deutsche Rechtschreibung weitere Änderungsvorschläge zur Reform zu erwarten, weshalb das Unterrichtsministerium die Lehrer weiterhin um Toleranz bittet.

Dass sich Sprache und ihre Schreibung mit den Jahrzehnten und Jahrhunderten verändern, dagegen ist nichts einzuwenden, wir würden uns schön beschweren, müssten wir ein gedrechseltes Althochdeutsch sprechen, während sie im Unterschichtfernsehen schon so locker schnoddeln (Hallo, Institut für deutsche Sprache, willst du das Wort bitte anerkennen?). Freilich - es sind ja gar nicht die Institute für Sprache und die Räte für Schreibung, die unsere Sprache verändern, die Sprache verändern wir selbst. Und die Mannheimer Sprach- und Schreibexperten stehen bloß vor veränderten Tatsachen und machen sie zu Regeln.

Blöd nur, dass ausgerechnet diejenigen am stärksten die Sprache verändern, die am wenigsten mit ihr anfangen können. Weil sie den Friseur lang genug falsch geschrieben haben, steht er jetzt als Frisör im Duden. Weil sie die Pizza, wenn sie zwei davon bestellten, immer wieder als Pizzas in die Mehrzahl setzten, präferierte irgendwann auch der Duden diesen Plural, noch vor Pizzen. Weil es hartnäckig ihnen einen Lacher gekostet hat, dürfen sie jetzt ganz offiziell das Verb kosten mit dem Dativ kombinieren. Weil sie jahrelang das "h" an der falschen Stelle in das Wort eingefügt haben, können sie es jetzt ganz weglassen und Spagetti schreiben. Is' wahr! Spadschetti.

Nur der Wortschatz der gebüldeteren Schüchten bleibt weitgehend unangetastet. Bilden Sie den Plural von Status, Opus, Kaktus! Na ja, die Kakteen sind schon so weit verbreitet, dass sie auch als Kaktusse den Weg in den Duden gefunden haben, wenn auch (noch) mit dem Vermerk "ugs.“ Aber an die Status, und seien es noch so viele, lassen wir niemanden ran! Die verteidigen wir mit Zähnen und Klauen, da macht uns keiner Statuten daraus oder Stati oder Statusseln. Und dass aus Opus im Plural Opera wird, das ist unser kleines, feines Insiderwissen und soll es auch bleiben. Leider drohen hier Angriffe von anderer Seite: Opera heißt auch ein schneller Webbrowser und das Häusl in der Opernpassage.

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