Wagner mit Humor

Pointierter Wagner

Oper für ein breites Publikum aufzubreiten, ist nicht gerade besonders leicht. Es gehören Charisma, Kompetenz und Humor dazu. Stefan Mickischs Bayreuther Wagner-Einführungen sind bereits legendär. Auch Wien hat er inzwischen erobert. Eine neue CD liegt jetzt vor.

Stefan Mickisch eroberte das Wiener Publikum im Sturm. Was anderen erst nach Jahren gelingt, schaffte er mit seinem Einführungsvortrag zu "Der fliegende Holländer" und seinen Matineen zu Wagners "Ring" an der Wiener Staatsoper in der vergangenen Saison quasi aus dem Stand.

Konzertpianist

Der in Bayern geborene und nun in der Nähe von Bayreuth lebende Pianist studierte bei namhaften Pianisten und startete eine Bilderbuchkarriere als gefragter Konzertpianist und Liedbegleiter, die ihn in die ganze Welt führte.

"Meine musikalische Erziehung verdanke ich meinen Eltern, ich habe schon seit meiner Kindheit sehr fleißig geübt. Wir haben in der Familie auch viel Humor, dies kommt von der einen Oma. Ich habe mich hineingefunden in die Opernwelt, weil diese ein volles Abbild alles Menschlichen ist und es ist da relativ einfach, sich zu begeistern."

Stefan Mickisch wurde 1962 geboren: "Ich bin das selbe Sternzeichen wie Lohengrin, nämlich Krebs, ich bin auch sehr zufrieden damit." Als Schüler erlebte Mickisch seine ersten Begegnungen mit Richard Wagner, als er im kleinen Küchenradio den Übertragungen aus Bayreuth lauschte. "Das hat mich sehr fasziniert, aber als Beethoven-, Schubert- und Mozartspieler werde ich mit Richard Wagner später sicher nie zu tun haben. So kann man sich irren!"

Verbundenheit mit Wagner

Im Alter von 18 Jahren erhielt er ein Musikstipendium nach Bayreuth und konnte so den Aufführungen am "Grünen Hügel" beiwohnen. "Wenn man Richard Wagner noch nicht so richtig kennt, ist er noch viel schöner. Es gibt viele Leute, die glauben, Wagner zu kennen. Man kann ihn nur richtig kennen lernen, wenn man ihn auch selber spielen kann. Eines kann ich aber sagen: Es ist der "Tristan" spannender als eine Haydn-Sonate."

Stefan Mickischs Interesse gilt nicht nur der Musik. Auch wenn er über Schopenhauer oder Nietzsche, Musiktheorie oder Religion spricht, sitzt ihm dabei stets der Schalk im Nacken und nicht nur durch seinen Tonfall kommt eine Seelenverwandtschaft mit Karl Valentin durch: "Ich habe auch eine Beichtkarriere hinter mir, ich bin ja katholisch erzogen. Ich hatte einmal 48 Sünden! Sie sehen, ich bin sehr vielseitig".

Schon während seines Studiums erhielt Mickisch viele Preise und Auszeichnungen. Er studierte in Hannover, absolvierte Meisterkurse in Wien, München und Mainz. 1994 präsentierte er anlässlich eines Studienaufenthaltes in den USA erstmals seine Paraphrasen zu "Götterdämmerung". "Ich habe damals die Götterdämmerung auch erklärt, auf Englisch, aber gespielt habe auf Deutsch."

Wagner macht depressiv

"Prof. Kämmerling, bei dem ich in Hannover studierte, der spürte, dass ich eine starke Affinität zu Wagner habe, der nahm mich einmal zur Seite und sagte: Lieber Stefan, Vorsicht mit Wagner, Wagner macht Sie depressiv, befassen Sie sich lieber mit den Italienern. Er wollte mich retten, er konnte ja nicht ahnen, dass ich meine Karriere gerade mit Wagner machen würde!"

Seit 1998 hält Stefan Mickisch vom Klavier aus Einführungsvorträge zu sämtlichen Werken Richard Wagners in Bayreuth. Dabei kann er bei rund 30 Veranstaltungen pro Jahr über 10.000 Besucher begrüßen. "Ich habe ein fixes Programm von ca. 60 Prozent. Der Rest ist Spontanität aus dem Augenblick heraus." Stefan Mickisch bestreitet aber nicht nur Einführungsvorträge. Er verbindet sein immenses Wissen über das Werk Richard Wagners mit eigenen musikalischen Gedanken. Soeben ist seine "Tristanfantasie" auf CD erschienen.

CD-Tipp
Stefan Mickisch, "Tristanfantasie", In Koproduktion mit dem Bayerischen Rundfunk, 2 CDs, FAF 253

Hör-Tipp
Opernwerkstatt: Stefan Mickisch, Sonntag, 4. September 2005, 15:06 Uhr

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