Cross-Over-Künstlerin mit Faible für Technik
Judith Fegerl, Installationen
Trotz des Eltern-Wunsches, einen "ordentlichen Beruf" zu erlernen, wählte sie die Kunst: Judith Fegerl, Jahrgang 1977, Absolventin der Bildenden. Derzeit kuratiert sie die Ausstellung des Festivals paraflows.10.
27. April 2017, 15:40
"Ich wollte schon immer Kunst studieren, für mich gab es nichts anderes - trotz des Intermezzos auf der Wirtschafts-Uni. Ich habe sogar versucht, dieses Interesse zu unterdrücken, weil bei mir zu Hause ein künstlerischer Beruf als 'nicht ordentlich' galt. Aber es war unmöglich. Und so habe ich diesen inneren Drang zugelassen. Es kommt eine Idee - und ich muss sie realisieren", erzählt Judith Fegerl, Jahrgang 1977, die seit 1999 an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Peter Kogler Kunst und digitale Medien studierte und im Juni 2006 abgeschlossen hat.
Um ihre Kenntnisse zu ergänzen, absolvierte sie überdies an der Wiener Angewandten bei Peter Weibel das Studium der visuellen Mediengestaltung, das sie bereits 2004 abgeschlossen hat. "Ich mag Technik, Computer, Mechanik und Elektronik - und ich will mein Spektrum möglichst offen halten und mich nicht auf ein Medium festlegen", so die junge Künstlerin. Die Liebe zur Technik hat sie von ihrem Vater, einem Nachrichtentechniker, geerbt.
Cross-Over-Künstlerin
"Mir ist es wichtig, Erfahrungen weiter zu geben - aber nicht in didaktischer Form. Es sind keine Erfahrungen, die man in Worte fassen könnte, es sind Eindrücke, Gefühle und Zustände, die ich einmal erlebt habe. Also eine Verarbeitung in poetischer und in romantischer Weise. Und ich habe keine Angst vor Kitsch. Die Nüchternheit der verwendeten Materialien reduziert auf das Wesentliche - und lässt dem Betrachter den nötigen Freiraum", so Fegerl über ihren künstlerischen Zugang.
"Ich möchte nicht als Video- oder Installationskünstlerin bezeichnet werden. Ich mache Videos, elektronische Installationen, Arbeiten mit Licht, es können aber ebenso Performances sein - und manchmal male ich auch Bilder", stellt Fegerl fest. Ein Künstlerfreund habe sie einmal als Cross-over-Künstlerin bezeichnet: "Er meinte, dass meine Inspiration und dieses Müssen, eine Arbeit zu machen, in der Tradition der Alten Meister ist."
Langwierige Umsetzung
"Das Unberechenbarste ist meistens die Idee - sie kommt, oder kommt nicht. Dann beginnt die Routine - Tüftelei, Pläne, Skizzen machen. Da die meisten Arbeiten kompliziert sind, dauert es oft lange, bis sie fertig sind - mitunter vergeht bis zur Realisierung ein Jahr", schildert Fegerl.
Mit "Avian Android" derzeit in China
"Ausgehend von Hans Christian Andersens Märchen 'Die Chinesische Nachtigall' habe ich eine persönliche Interpretation zum Thema künstlicher Reproduktion von organischen Lebensformen und der damit verbundenen Problematik entwickelt. Der Gesang der Nachtigall, berühmt für seinen einzigartigen, wunderschönen Klang, wird durch einen serienmäßig hergestellten Automaten konserviert und reproduziert. Ein Lebewesen wird auf seinen für den Menschen scheinbar einzigen Nutzen reduziert und repliziert", erläutert Judith Fegerl ihre jüngste Installation, die sie in der Ausstellung "Fact and Fiction - positions of young Austrian artists", die am Freitag, den 17. November 2006, eröffnet wird, im RCM Art Museum in Nanjing zeigt.
Diplomarbeit "Tension Object"
Für ihre Diplomarbeit, die im Sommer 2006 im Wiener Semperdepot zu sehen war, wählte die technikbegabte Künstlerin natürlich ein Thema, das mit diesem Gebiet zu tun hat. "Der Titel der Arbeit ist 'Spannungsobjekt', 'Tension Object' auf Englisch. Es ist die Auseinandersetzung mit der technischen Reproduktion eines emotionalen Zustands", erklärt Fegerl.
"Ich habe für dieses Projekt als Thema Spannung, Aufregung - eventuell sogar Angst - gewählt. Und versucht, bestimmte Aspekte physikalisch und technisch zu reproduzieren und so eine Art Konserve für diese Spannung zu schaffen", so Fegerl über diese Arbeit, über die auch die Ö1 Sendung "matrix - computer & neue medien" berichtete.
Ausstellungen in Riga, London und Bregenz
Nach kurzen Ferien nach ihrem Studien-Abschluss zeigte sie im vergangenen August ihr "Tension Object" in der lettischen Hauptstadt Riga im Rahmen einer internationalen Schau. Und für 2007 ist bereits eine Ausstellung in Bregenz fixiert.
Im Frühjahr 2006 präsentierte Fegerl im Austrian Cultural Forum in London ihre Installation "white light", bei der komplexe Prozesse menschlicher Wahrnehmung im Mittelpunkt stehen. Über diese Schau berichtete auch das Ö1 Kulturjournal.
Zahlreiche Ausstellungen und Förderungen
Seit 1999 hat die bildende Künstlerin bereits mehrfach Förderungen, wie u. a. jene für Medienkunst des Bundeskanzleramtes, erhalten. Fegerl, die heuer Artist in Residence im Austrian Culture Forum London war und die Medien- und Netzkunstförderung der Stadt Wien bekam, war bereits zahlreich in Ausstellungen vertreten:
So waren ihre Arbeiten u. a. im Betonsalon Paris (2005), im Kunstraum Niederösterreich (2005) sowie heuer in den Karlin Studios Prag, in "Economy Class" im Französischen Kulturinstitut Nairobi in Kenia, in "getuned - dinge im kontext" im ESC Graz sowie in einer Schau im Wiener Flakturm im Arenbergpark zu sehen.
Bei "Profiler"-Schau im Kunstraum NÖ
Ihre Arbeit "Nest" stellte Fegerl im Herbst 2005 in der Eröffnungsschau "Profiler" des Kunstraums NÖ vor. Für dieses Projekt hatte die junge Künstlerin, die selbst Niederösterreicherin ist, mit einer Wärme-Installation mit Infrarotstrahlen einen sehr persönlichen Zugang zu ihrer engeren Heimat gewählt.
"Gargoyle Extensions" in Paris
Im Herbst 2004 zeigte sie ihre Arbeit "Gargoyle Extensions" im Rahmen des Betonsalon in Paris. "Gargoyles sind jene Wasserspeier, die auf alten Häusern angebracht sind. Diese Fabelwesen sind ein Bezugspunkt zur Stadt - und ich wollte für Paris etwas ganz Spezielles schaffen", erklärt Fegerl zu dieser Installation.
Disziplin und Durchhaltevermögen
Seit Beginn ihres Studiums arbeitet Fegerl nebenbei im Bereich Marketing. "Ich rechne damit, dass ich zumindest in den nächsten fünf Jahren nicht von der Kunst leben kann. Man benötigt sehr viel Disziplin und großes Durchhaltevermögen, wenn man als freischaffende Künstlerin leben will."
Wie ihre Zukunftswünsche lauten? "Mein Traum ist es, meine Arbeiten ohne finanzielle Sorgen schaffen zu können. Ich nehme die Chance wahr, neue Länder kennen zu lernen und bewerbe mich ständig für Auslandsstipendien, denn ich möchte eine Zeit lang auch woanders arbeiten", so Judith Fegerl.
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Kontakt
Judith Fegerl
Veranstaltungs-Tipp
Ausstellung "Fact and Fiction - positions of young Austrian artists", Eröffnung Freitag, 17. November 2006, bis Dienstag, 27. November 2006, RCM Art Museum, Nanjing
Links
Akademie der bildenden Künste Wien
Universität für Angewandte Kunst Wien - Digitale Kunst
art position wien
Austrian Cultural Forum London
Betonsalon Paris
Galerie der Stadt Wels
getuned - dinge im kontext
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Österreichisches Kulturforum Peking - "Fact and Fiction"
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