Hans-Joachim Gelberg zum 75. Geburtstag
Ich möchte Glücksspuren legen
Seine wichtige Rolle für die deutschsprachige Kinder- und Jugendliteratur ist unbestritten. Hans-Joachim Gelberg - Verleger, Begründer und Namensgeber des Verlages Beltz & Gelberg, feierte dieser Tage seinen 75. Geburtstag.
8. April 2017, 21:58
Der deutsche Verleger über seine Kindheit
"Kinderliteratur vermittelt Eigenwelt, gibt Geheimnisse und löst Rätsel. Kinderliteratur, das ist Liebe zum Leben", sagt Hans-Joachim Gelberg, der zu den wichtigsten Verlegern deutschsprachiger Kinder- und Jugendliteratur zählt.
"die Worte die Bilder das Kind"
So lautet eine Festschrift mit ausgewählten Reden, die in diesen Tagen zu seinem 75. Geburtstag erschienen ist. Hans-Joachim Gelberg - Verleger, Begründer und Namensgeber des Verlages "Beltz & Gelberg" - ist auch heute noch im Verlagsprogramm mehr als präsent und kümmert sich wie eh und je um die Betreuung einzelner Autoren, deren Werk er seit Jahrzehnten begleitet hat. Die Leitung seines Verlages hat inzwischen seine Tochter Barbara übernommen.
Der gebürtige Dortmunder hat schon immer ein gutes Gespür für neue Autoren und Illustratoren gezeigt, unter ihnen u. a. Christine Nöstlinger, Josef Guggenmos oder Erwin Moser - um nur einige zu nennen, die inzwischen längst international berühmt geworden sind.
Die leise Glücksspur
"Kinderliteratur handelt von dem, was Kinder erleben. Sie handelt von Kindern, von Müttern und Vätern und auch von Geschwistern. Sie handelt von freundlichen, von dummen, von feigen und von mutigen Menschen. Sie erzählt von den Vergangenheiten, den eigenen und den fremden" - so der deutsche Verleger.
Zum Buch "Groß am Himmel" von Reinhold Ziegler notierte Gelberg: "Dieses Buch legt auf ganz leise Weise im Leser eine Glücksspur". Und Hans-Joachim Gelberg hat als Verleger viele Geschichten und Bilder entdeckt und vermittelt, die im Leser beim Betrachten so eine "Glücksspur" legen konnten ...
Bücher für Kinder und Erwachsene
Seit Jahren fungiert Hans-Joachim Gelberg auch als Herausgeber der umfangreichen "Jahrbücher der Kinderliteratur" mit programmatischen Titeln wie "Menschengeschichten", "Augenaufmachen", "Die Erde ist mein Haus" oder "Wie man Berge versetzt". Ebenfalls im Programm zu finden: "Der bunte Hund", ein "Magazin für Kinder in den besten Jahren" - wobei er dabei Menschen zwischen acht und achtzig meint. Daher nennt er seine Bücher auch gerne "Kinderbücher für Kinder und Erwachsene".
"Wenn man über Kinder für Kinder schreibt, ist lediglich festzustellen, dass man sich an gelebter Kindheit zu orientieren hat", sagt Christine Nöstlinger, die nach eigenen Worten dem deutschen Verleger viel zu verdanken hat. Auch Gelbert selbst hält an diesem Credo fest: "Dieser schmale und zugleich riesig große Blickwinkel des Kindes weiß Geschichten der allerersten Sicht und ist zugleich Gradmesser für die Erwachsenenwelt - damals und heute".
Erinnerungsbilder der Kindheit
Es seien nicht Fotos oder Videos, eher Erinnerungsbilder, die Momente, die wir mit unserem inneren Auge fotografiert und die sich lebenslänglich eingeprägt haben, erinnert sich Gelberg an seine eigene Kindheit zurück, die vom Zweiten Weltkrieg geprägt war. So kann er sich z. B. noch genau an die Wut der Mutter erinnern, wenn im Volksempfänger wieder einmal Siegesmeldungen und Durchhalteparolen zu hören waren.
Mehr als 15 Jahre arbeitete Hans-Joachim Gelberg vorerst als Buchhändler. Erst danach wurde er Lektor bei mehreren Verlagen, bis er die Chance bekam, sein eigenes Programm zu gestalten: "Alle Verleger wären viel lieber selbst Autoren geworden", sagt der Deutsche, dessen Wunsch, selbst Bücher zu schreiben, sich erst im Laufe der Zeit wandelte.
Signalwirkung Orange
Im Laufe der Jahre entwickelte Hans-Joachim Gelberg ein umfangreiches, aber auch ungewöhnliches, vielseitiges Programm. Erstmals in der Jugend- und Kinderliteratur verwendete er dabei auch alle Text- und Bildformen - Gedichte, Werbetexte, Collagen, Zeitungsausschnitte, Fotos oder Notizzettel. Es gab bei ihm keine Grenzen mehr zwischen "großer" und "kleiner" Literatur. Um auf dem unüberschaubaren Literaturmarkt aufzufallen, verwendete er für die Umschlagseite der Bücher einen sehr auffallenden Orange-Ton. Dadurch wurde eine Signalwirkung erzielt. Diese Bücher fielen auf, waren sofort einem Programm zuzuordnen.
Bis heute ist dieser Orange-Ton eines der Markenzeichen des Programms "Beltz & Gelberg" geblieben. Denn "dass Bücher nicht nur begeistern sollen, sondern vor allem auch Verkaufszahlen machen müssen, ist gerade am heutigen Büchermarkt von besonderer Wichtigkeit, um finanziell überleben zu können", betont der jetzt in Weinheim in Baden Württemberg lebende Verleger: "Es ist eine ständige Gratwanderung, ein Balanceakt" - so der Deutsche. Dieser ist ihm aber bislang sehr gut gelungen.
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Buch-Tipp
Hans-Joachim Gelberg, "die Worte die Bilder das Kind", Verlag Beltz & Gelberg, ISBN 3407799047
Link
Verlag Beltz & Gelberg - Hans-Joachim Gelberg