Rückblick als Ausblick
Salzburg Passagen 2005
Die Salzburger Festspiele widmeten heuer dem Zeitgenössischen besonders breiten Raum. Die künstlerische Latte legten sie sich dadurch besonders hoch. Auch auf dem Gebiet der Musik. Zahlreiche Ur- und Erstaufführungen waren in der Langen Nacht zu hören.
8. April 2017, 21:58
Wenn es so etwas wie Hard Core in der zeitgenössischen E-Musik gibt, dann war dies das Wochenende der Zelebration: Kompromisslos, intensiv, streng, unerbittlich sind passende Adjektiva für die Musik dieses Programmschwerpunktes, beziehungsweise einen Großteil davon. Acht Kompositionen - und die meisten davon waren in der Ö1 Nacht zu hören - kamen zur Uraufführung. Mehr oder weniger das gesamte Programm bestand aus österreichischen Erstaufführungen.
Zeitgenössischer Schwerpunkt
Die Salzburger Festspiele - in diesem Fall im Wortsinn personifiziert durch den Intendanten Dr. Peter Ruzicka - legten heuer in ihrer Ambition, dem Neuen und Zeitgenössischen einen gebührenden Platz im Festivalprogramm zukommen zu lassen, die Latte besonders hoch.
Dazu erließ man Richtlinien, die den potenziellen Teilnehmerkreis recht überschaubar werden ließen.
Spät-adornitisches Verständnis
Es gab nämlich eine dezidiert inhaltlich-ästhetische Ausrichtung, die mit dem Begriff der Zweiten Moderne eingefangen werden sollte. Die Intention des programmierenden Intendanten Ruzicka war, für heute relevante Kunst eine zeitgemäß überdachte Anwendung und Einhaltung der alten Postulate materialimmanenter Stringenz und Dialektik in einem spät-adornitischen Verständnis einzufordern.
Das legt die Latte hoch, weil es von Musik quasi in jedem Augenblick ein Momentum existenzieller Gewichtung einfordert.
Kein Schubladendenken
Die im Programmbuch nachzulesende Auseinandersetzung aller eingeladenen Komponisten zu dem ihnen vorgeschlagenen Festivalmotto Zweite Moderne fällt dementsprechend ambivalent bis zurückweisend aus. Nicht nur, weil Komponisten sich ungern selbst in eine Schublade manövrieren, sondern gerade auch, weil vielen der prinzipielle abendländische Impetus einer Moderne viel zu wertvoll erscheint, als dass man zu nummerieren beginnen wollte.
Mehr implizit, denn explizit extemporiert wird dabei auch darüber, welch rigoroser Ausschlussmechanismus bezüglich relevanter Musik damit in Gang gesetzt wird, eine Stoßrichtung, deren Feindbild Intendant Ruzicka selbst mit einer verantwortungslosen Handhabung des alten "anything goes" skizziert.
Alles vom Feinsten
Es gab unter dieser Vorgabe bei den Salzburg Passagen dennoch oder deswegen großartige Stücke zu hören und zu entdecken - und selbstverständlich wie notwendigerweise bei so vielen Uraufführungen auch Enttäuschungen. Fast alles war auf's Feinste und Überzeugendste musiziert, von den jeweils Besten ihres Metiers wie den Radiosymphonieorchestern aus Stuttgart und Wien, dem Ensemble Modern, dem Klangforum Wien, dem ensemble recherche oder dem Arditti Quartett.
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