Von der Musikkomödie zum Psychodrama
Konservativer Rebell
Mit seinen Opern hat der gebürtige Österreicher Emil Nikolaus von Reznicek noch im Berlin der "Wilden 20er Jahre" des vorigen Jahrhunderts Furore gemacht. Bekannt geblieben ist allerdings nur die Ouvertüre zu "Donna Diana". Chris T. Tengel auf Spurensuche.
8. April 2017, 21:58
Die "Donna-Diana-Ouvertüre sicherte dem Namen ihres aus Wien stammenden Schöpfers Emil Nikolaus von Reznicek (1860-1945) anhaltende Popularität. Eine Popularität, die sich aber auf das eine Stück von vier Minuten Dauer beschränkt. Doch auch der Rest der in den 1890er Jahren entstandenen "Donna Diana ist eine Fundgrube.
Oper als Musikkomödie
Die Oper ist ritterlich, prunkhaft und theatralisch-dramatisch. Weiters ist sie musikalisch unglaublich dicht gearbeitet und immer wieder pfeffern spanische Tanzrhythmen, mit dem Schwung, den sich die nach-wagnerianische deutsche Musikkomödie angeeignet hatte. Dies speziell, wenn es galt, ein Liebeskarussell in Gang zu halten, wie es sich bei Reznicek um den zunächst spröden Sopran Donna-Diana dreht. Sie legt ihre Sprödigkeit erst ab, als ihr Tenor-Verehrer seinerseits auf unbeteiligt schaltet.
Wie bei den Großen seiner Zeit Richard Strauss oder Franz Schreker spannt sich auch bei ihm das Opernschaffen vom annähernd Veristischen bis zum Heiteren und schließt eine "Jungfrau von Orleans ebenso ein wie "Spiel oder Ernst?.
Konservativ heißt nicht fantasielos
Wie dAlbert und Schillings hat sich Reznicek der Ultra-Moderne der 1920er und 1930er Jahre entzogen und trägt daher heute den Stempel des Konservativen. Er beweist aber in seinem Oeuvre auf Schritt und Tritt, dass konservativ, im musikalischen Sinn, nicht fantasielos bedeuten muss.
Bei ihm und bei seinem Sinn fürs Bizarre kann es passieren, dass sich am Ende von mit feiner Feder geschriebenen Orchestervariationen plötzlich ein Gesangssolist ins Geschehen mengt und das Gedicht vorträgt, von dem das Konzertstück literarisch angeregt wurde.
Symbolistisches Psychodrama
Auch Rezniceks späte Oper "Ritter-Blaubart - für die sich Richard Strauss einsetzen sollte - ist zwar sicher keine "Salome und keine "Elektra, zeigt den Komponisten aber doch mit einem nervös-symbolistischen Psychodrama auf der Höhe der Zeit, das vom gefälligen Schwung der "Donna-Diana-Ouvertüre nicht weiter entfernt war. Emil Nikolaus von Reznicek - 60 Jahre nach seinem Tod immer noch und immer wieder neu zu entdecken.