"Freundschaft" - eine total politische Privatangelegenheit

Steinhauser.Henning.Freundschaft

Eine ironische Abrechnung - geprägt von Politik und Idealen - und einen Schlagabtausch zwischen in mancherlei Hinsicht "linken" Vätern und Söhnen - das alles bietet "Freundschaft", das neue Programm des Duos Erwin Steinhauer und Rupert Henning.

"Vater" Steinhauer und "Sohn" Henning im Clinch

In der Gemeindebauwohnung der Familie Schober haben Vater Heinz und Sohn Michael sich zusammengefunden, um dem verstorbenen Onkel Peppi die letzte Ehre zu erweisen. Die Vorbereitungen rund um das Begräbnis des Onkels - Schutzbündler, rotes Urgestein und dereinst bei den Personalvertretungswahlen in seinem Betrieb zu 100 Prozent bestätigt - bieten für Vater und Sohn einen willkommenen Anlass, ihren politischen Richtungsstreit weiter zu kultivieren.

Privat vorgeprägt

Inspiriert von Geschichten, die Erwin Steinhauer mit seinem Vater erlebte ebenso wie von Diskussionen im Hause Henning, entstanden für das Stück "Freundschaft“ Dialoge, die nicht nur von dem langsamen Abrücken linker Positionen erzählen, sondern auch von der manchmal beredten Sprachlosigkeit zwischen Vätern und Söhnen und von dem allgegenwärtigen Drang zur Opposition.

Das sozialdemokratische Urgestein

Streit ist im Miteinander der Schobers eine fixe Kategorie, wenn es um politische Inhalte geht. Erwin Steinhauer gibt in der Rolle des Vaters Heinz den überzeugten Sozialdemokraten ab, der die Abnützungserscheinungen der Bewegung nicht wahr haben will. Ganz im Gegenteil! Was soll man Onkel Peppi als Grabbeigabe mit in den Sarg legen? Diese Frage beschäftigt Heinz Schober gerade, als sein Sohn auftaucht. In einer alten Truhe fördert der Vater voll Stolz das Parteiabzeichen des Verstorbenen zutage. Ein Symbol für die Gesinnung seiner Familie - alles Sozialdemokraten.

Der ideologiefreie Sohnemann

Ruppert Henning lässt als Michael Schober auf der Bühne keine Minute ungenützt, um seinen Vater mit dessen Unzulänglichkeiten zu konfrontieren. Was war denn da alles: der Onkel Peppi war doch nicht der lupenreine Klassenkämpfer, als Bürgermeister von Purkersdorf musste Vater Schober gehen, weil der frühere Innenminister Karl Schlögl dieses Amt übernahm, die Frau Schober ließ sich scheiden, weil ihr Mann sich nur dem Funktionärsdasein widmete. Hat sich das alles gelohnt, fragt der Sohn sarkastisch? Ein junger Mann, der als Werbefachmann - so erscheint es dem Vater - vollkommen ideologiefrei durch das Leben wandert.

Moralische Aspekte

Erwin Steinhauer, der selbst aus einer sozialdemokratischen Familie kommt, spielt in diesem Stück seinen eigenen Vater. Mit ihm habe er ähnliche Auseinandersetzungen gehabt. Als Vater - so Steinhauer - habe man bei deraratigen Dialogen mit einem ideologiefreien Jungen keine Chance. Andererseits könne man der Jugend-Generation auch gewisse Dinge zum Vorwurf machen: "Da geht es schon um Identifikations- und Werteverlust. Wenn alles wurscht ist, was ist dann, wohin gehen wir dann?"

Dennoch steht man als Vater meistens auf verlorenem Posten, weil man nicht immer die richtigen Antworten findet. Steinhauer dazu: "Du bist auf einem Auge blind - das war einer der inhaltlichen Vorwürfe in den politischen Diskussionen, die ich meinem Vater immer gemacht habe. Aber es stimmt: Man scheitert. Man nimmt sich Vieles vor, aber man scheitert immer wieder. Vielleicht ist das wohl das Spannendste am Leben. Scheitern ist spannend, da lernt man etwas. Wenn man nicht scheitert, bemerkt man Erfolg nicht - Erfolg ist so schnell weg, aber scheitern dauert immer länger".

Überzeugendes Sittenbild

Mit Herz für das Anliegen, etwas Wehmut angesichts der verschlungenen Wege einer Bewegung und mit ironischen Anmerkungen zur Unauflösbarkeit mancher Konflikte haben die Autoren Florian Scheuba und Ruppert Henning ein Sittenbild entworfen, das weder die Protagonisten noch deren Überzeugungen der Lächerlichkeit preisgibt.

Dennoch zeigt das Stück - nicht zuletzt dank der brillanten Umsetzung von Erwin Steinhauer und Ruppert Henning, wie eng verflochten politischer und privater Hader sein können und dass Trauerarbeit durchaus vergnüglich gestaltet werden kann.

Mehr dazu im ausführlichen Interview der beiden Protagonisten in oe1.ORF.at

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