Die Skizzen einer Sommer-Reise

Trebinje, eine einsame Enklave

Trebinje, eine Kleinstadt in Bosnien-Herzegowina, ist nur 25 Kilometer von Dubrovnik entfernt. Von dort aus hat 1991 bis 1995 die selbsternannte Jugoslawische Volksarmee Dubrovnik bombardiert. Heute gibt es wieder Hoffnung auf bessere Zeiten für Trebinje.

Radoslav Ivankovic, Chefredakteur das regionalen Radios Korona aus Trebinje, versteht nicht, warum die Menschen in der Nachbarstadt Dubrovnik noch immer nicht für eine Zusammenarbeit bereit sind.

Seinen Worten nach tendierte Trebinje schon seit osmanischen Zeiten zu Dubrovnik und nicht zu den weit entfernten und weit im Hinterland befindlichen Städten Bileca in der Republika Srpska und Niksic in Monte Negro. Seit "ewig" war Trebinje ein Lebensmittelmarkt für Dubrovnik, welches seinerseits die Verbindung mit dem Rest der Welt für Trebinje war. Trebinje war ein Kontaktgebiet zwischen dem Osten und der westlichen Welt.

Mit Armut in die neue Zeit

So funktionierte doch die Welt bis zu den letzten Balkan-Kriegen in den 1990er Jahren. In der jugoslawischen Zeit hat Trebinje auch eine Leichtmetallfabrik gehabt, die nach sozialistischen und nicht nach wirtschaftlichen Prinzipien funktionierte. Solche Betriebe waren durch ganz Jugoslawien verstreut und schafften neben den vorhersehbaren Verlusten Beschäftigung für die größte Zahl der Bevölkerung.

Nach dem Zerfall Jugoslawiens und nach dem Übergang zur kapitalistischen Markwirtschaft sind solche, manchmal gigantischen Betriebe, überfällig geworden. So sind aus solchen, einst künstlich industrialisierten, Gebieten und Städten in den neuen Verhältnissen die ärmsten geworden. Die Arbeitsplätze sind verloren und für neue fehlen Ideen und das nötige Kapital.

Noch immer als Risikogebiete eingestuft

Für die internationalen Investoren sind diese Gebiete noch immer als Risiko hoch gestuft. Und sie begrenzen sich lieber auf Hilfsarbeit durch dafür zuständige zahlreiche Organisationen. Weil diese Städte über viele Unterkunftskapazitäten verfügten, waren sie auch als Flüchtlingsorte von buchstäblich Millionen von Menschen zu Zielorten geworden. So haben etwa 1.500 Serben aus Dubrovnik im Krieg ihr neues Domizil in Trebinje gefunden.

Andererseits sind 5.000 Muslime vertrieben worden und in ihren Häusern und Wohnungen haben sich nun Serben aus jetzt rein muslimischen Ortschaften angesiedelt. Herr Ivankovic, ein junger und rational denkender Redakteur, denkt in Selbsttäuschung, dass die Muslime aus eigenen, ihm unbekannten Gründen die Stadt verlassen haben. Auf eine typische relativierende Art lehnt er die Verantwortung seiner Gruppe ab. Und hofft, dass die anderen, in diesem Falle die Kroaten aus Dubrovnik, die Geschichte vergessen würden und so eine neue Perspektive für Trebinje geschaffen werden könnte.

Irgendwie überleben

Bis die bessere Zukunft kommt, müssen die Arbeitslosen und Flüchtlinge warten und versuchen, irgendwie zu überleben. Die Stadt ist für so einen desolaten Zustand erstaunlich voll von Kaffeehäusern und Restaurants. Im Zentrum, wo sich noch immer ein schöner und nahrungsreicher Bauernmarkt befindet, sitzen die Menschen den ganzen Tag über und trinken ihren Kaffe oder ein Gläschen Bier.

Am Rande des Zentrums, in einem Umkreis von nicht mehr als 150 Metern, befinden sich, was für solche bosnischen Orte typisch ist, eine orthodoxe Kirche, eine katholische Kirche und eine Moschee. Diese Moschee wurde im letzten Krieg zerstört und ist gerade vor einem Monat renoviert worden.

Eine sichtbare Besserung

Dass sich die Zeiten langsam nun doch bessern, sieht Luko Brailo, Journalist aus Dubrovnik, in der Tatsache, dass die Wiedereröffnung der Moschee ohne Vorfälle stattgefunden hat. 2001 waren Brailo und sein Fotograf während des Festes, das zu Beginn des Wiederaufbaus gefeiert wurde, Opfer schwerer Verprügelungen wütenden Mobs, der gegen die Rückkehr der muslimischen Mitbürger war, geworden.

Jetzt, 2005, hat Luko Brailo neben der neuen Moschee einige Muslime gesehen und die Festredner haben sich als tolerant erwiesen. Und diesmal ist er aus Trebinje auch ohne blaue Flecken nach Dubrovnik zurück gefahren.

Richard Neutras Skizzen

Der österreichische Architekt Richard Josef Neutra (1892-1970) hat in Trebinje 1914 seinen Armeedienst verübt. Angeblich hat er mehrere Skizzenhefte mit Ansichten und Details von Trebinje, Dubrovnik und den umliegenden Orten voll gezeichnet.

Die Schwester Neutras, Josefine Weixelgärtner, hat viele Materialien von und über Richard Neutra der Österreichischen Nationalbibliothek vermacht, darunter Fotos von etwa 240 Reiseskizzen - und einige davon stammen aus Trebinje. Ein Aquarell stellt die muslimischen Mädchen aus Trebinje dar. Ein anderes zeigt einen Pferdekopf, das dritte, das schönste von allen, zeigt die Moschee aus dem Zentrum von Trebinje. Die Arbeit ist mit 1914 datiert.

Optimistischer Ausblick

Über 90 Jahre nach Entstehen dieser Aquarelle gibt es auch wieder die Moschee in Trebinje - und einige Muslime sind wieder zurückgekehrt. Ja, vielleicht hat Luko Brailo Recht, vielleicht ist das doch ein Zeichen für bessere Zeiten für Trebinje und seine Umgebung.

Links
Österreichische Nationalbibliothek - Handschriften-, Autographen- und Nachlass-Sammlung
Richard and Dion Neutra Architecture