Rewind

Zehn Jahre "matrix"

Für die Jubiläumsausgabe hat die Redaktion das analoge Bandarchiv durchforstet und nachgehört, was in der Vergangenheit über die Zukunft der neuen Kommunikations- und Informationstechnologien berichtet wurde.

Einmoderation der ersten Matrix-Sendung

"Das lateinische Wort 'matrix' bedeutet Gebärmutter, Gussform, Schema und meint allgemein auch eine Substanz in der etwas entsteht, sich entwickelt oder enthalten ist", so Mischa Zickler, Moderator der ersten Matrix-Sendung im Jahr 1995.

Erwachsen geworden ist es nicht, das World Wide Web, aber es ist in die Pubertät gekommen. Die ersten Gehversuche des Internet protokollierte "matrix" vor zehn Jahren.

Täglich von der Wirklichkeit überholt

1995 wurden die ersten Internetcafes eröffnet und Firmen mit seltsamen Namen wie etwa Yahoo gegründet. Von silbernen Scheiben mit riesigem Speichervermögen war damals die Rede, von Windows 95 als neuem Fenster zur Welt und frischgebackene Internet-Gurus, wie John Perry Barlow beschworen den Cyberspace als Parallelwelt.

"Wir werden täglich von der Wirklichkeit überholt werden und Ihnen wollen wir einen kurzen Schnappschuss von diesem Überholvorgang bieten", so formulierte die Redaktion 1995 das Leitmotiv der Ö1 Sendung, die bis heute Trends rund um den "digital Lifestyle" aufspürt.

Im Zentrum stehen die Bedürfnisse der UserInnen, die die digitalen Medien als Erweiterung ihres kulturellen Spielraums und ihrer sozialen Handlungskompetenz erfahren.

Politik, Bürgernähe und Demokratie im Datennetz

In der allerersten Ausgabe berichtete matrix über den Auftritt der österreichischen Parteien im Internet. Nicht alle hatten zu dieser Zeit bereits eine Homepage. Als Pionier der virtuellen österreichischen Parteienlandschaft trat die Volkspartei in Erscheinung, sie machte den Anfang bereits im August 1994.

Jeder ÖVP Spitzenpolitiker verfügte bereits über eine E-Mail-Adresse und im Online-Chat in der Wiener Blackbox wurde die neue Bürgernähe geübt. Die Grünen gaben sich zu dieser Zeit noch eher zugeknöpft.

"Von Politiker-Chat halte ich nicht übermäßig viel", so Peter Pilz im Interview aus dem Jahr 1995. "Chat kann übersetzt auch Geschwätz heißen." Sein Internetanschluss wurde gerade erst installiert, die Visionen waren schon da: "In der elektronischen Stadt gibt es keine Sperrstunde, die kann rund um die Uhr benutzt werden, da wählt man sich rein und dann hat man diese Stadt am Bildschirm."

1995 stand Kurt Einzinger, heute Generalsekretär der ISPA, der Vereinigung der österreichischen Internet Service Provider, vor der Aufgabe, die Sozialdemokraten auf das Internetzeitalter vorzubereiten.

"Wir denken, dass das für uns eine interessante Zielgruppe ist, weil das vor allem junge Leute sein werden, die fortschrittlich sind und sich für neue technische Entwicklungen interessieren und wir diesen Personenkreis für die Entwicklung Österreichs als wichtig betrachten".

Bekenntnisse aus dem Jahr 1995

Menschen, die Computer hassen, traten 1995 aus der Anonymität hervor und stellten sich der Matrix-Selbsthilfegruppe. Einer aus dieser kleinen Gruppe wehrhafter Technikgallier, die sich standhaft weigerten, die Vorzüge der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien anzuerkennen, war der Autor und Unfallchirurg Werner Vogt: "Ich schreibe weiterhin mit Tinte, Füllfeder auf einem weißem Blatt Papier und kann mir nicht vorstellen, dass man vor so einem hässlichen Schirm sitzt und einem da auch nur irgendwas einfällt zur Lage der Weltsituation."

Das, was er heute tue, könne er ohne Computer gar nicht tun, kommentiert Werner Vogt heute seine seinerzeitige Aussage im Matrix-Interview. Er ist Wiener Pflege-Ombudsmann und begeistert von der Geschwindigkeit, mit der er Anfragen und Bitten beantworten kann.

Dennoch: 80 Prozent aller Texte schreibt er noch mit Füllfeder, fast 100 leinengebundene dicke Bände haben sich schon angesammelt. Dann schreibt die Sekretärin ab oder es wird diktiert, E-Mails tippt Werner Vogt aber höchst selbst in den Computer. Und auch daheim hat er einen.

Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung nach Ende der Live-Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen.

Links
matrix.ORF.at
futurezone.ORF.at