Reaktionen aus Österreich
Streit um EU-Agrarsubventionen
Nach dem gescheiterten EU-Budget-Gipfel in Brüssel ist auch in Österreich ein Streit um die Agrarpolitik ausgebrochen. Während SPÖ-Chef Gusenbauer eine Halbierung der Agrarsubventionen fordert, begrüßen ÖVP und Bauernbund die Einigung der EU-Agrarminister.
8. April 2017, 21:58
Werner Muhm (AK) und August Astl (LWK)
Nach dem gescheiterten EU-Budget-Gipfel in Brüssel ist auch in Österreich ein Streit um die Agrarsubventionen ausgebrochen. Während SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer zu den Aussagen des britischen Premiers Tony Blair tendiert, der sich eine Reduzierung der Agrarausgaben zu Gunsten "zukunftsorientierter Aufwändungen" wünscht, befürworten ÖVP und die heimischen Bauernvertreter die Meinung des französischen Präsidenten Jacques Chirac, der eine Reform der gemeinsamen EU-Agrarpolitik ablehnte.
Blair contra Chirac
Die EU-Finanzplanung für die Jahre 2007 bis 2013 sei nicht in die Zukunft gerichtet, verteidigte Tony Blair seinen Standpunkt. So wolle die EU auch 2013 noch sieben Mal so viel Geld für die Landwirtschaft ausgeben wie für Forschung, Technologie und Bildung. "Das entspricht nicht dem, was Europa für das 21. Jahrhundert braucht." Großbritannien sei nicht bereit, über eine Verringerung seines 21 Jahre alten Beitragsrabatts zu verhandeln, wenn nicht neue Prioritäten im Budget gesetzt würden und die Agrarförderung zurückgedreht werde.
Der französische Staatspräsident Jacques Chirac verteidigte die gemeinsame EU-Agrarpolitik, von der Frankreichs Bauern am meisten profitieren. Durch das Scheitern des EU-Budget-Gipfels konnte er vorerst die überbordenden Agrarsubventionen retten, nahm aber die Konfrontation mit Blair in Kauf und verhinderte damit Zukunftsinvestitionen der EU, weil die überdimensionierten Agrarausgaben mehr als 40 Prozent des EU-Budgets verschlingen.
Etappensieg für Österreichs Bauern
Österreichs Bauern können - vorerst - aufatmen: Am EU-weiten Verteilungsschlüssel für die Bereiche Umweltförderung und Bergbauern wird sich nach der Einigung der EU-Agrarminister nichts ändern, womit eine wesentliche Forderung der heimischen Landwirte erfüllt wurde. Wie viel aber die Bauern tatsächlich von 2007 bis 2013 an Geld aus dem künftigen EU-Finanzrahmen bekommen werden, steht noch nicht fest.
"Es wird etwas weniger sein als bisher", erklärte Landwirtschaftsminister Josef Pröll. Die Höhe der Agrarförderungen hänge letztendlich auch davon ab, wie viel die EU-Nettozahler, darunter auch Österreich, künftig bereit sind, nach Brüssel zu zahlen.
Die Agrarpolitik ist der einzige Bereich, bei dem alle Länder ihre vollen Agrarbudgets nach Brüssel einzahlen.
Bauernbund erfreut über Verteilungsschlüssel
Lob für die Einigung der EU-Agrarminister kam auch vom ÖVP-Bauernbund. Damit könne Österreich Programme wie ÖPUL (Umweltförderung) und die Bergbauernförderung auch weiterhin umsetzen.
Weniger versöhnlich gibt sich der Bauernbund gegenüber SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer. Dieser hatte kritisiert, die ÖVP würde sich in erster Linie für die Agrarindustrie und nicht für die Kleinbauern einsetzen. Bauernbund-Präsident Fritz Grillitsch sprach in diesem Zusammenhang von "Demagogie und Populismus in Reinkultur".
Gusenbauer für Halbierung von Agrarsubventionen
SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer fordert die schrittweise Senkung der EU-Agrarausgaben auf die Hälfte. Gusenbauer sagte, in einem "Stufenplan" könnten die Agrarförderungen, die derzeit 40 Prozent des EU-Budgets ausmachen, innerhalb von zwei Budgetperioden auf 20 Prozent reduziert werden:
"Wenn Großbritannien bei einer Senkung der EU-Agrarausgaben tatsächlich bereit wäre, auf den 'Briten-Rabatt' zu verzichten, sei das für den Fortschritt in Europa eine Win-Win-Situation". Gusenbauer meinte auch mit Hinweis auf diesbezügliche Aussagen des britischen Premiers: "Man sollte Tony Blair beim Wort nehmen."
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