Über Vorurteile und Klischeebilder
Asiatische Lebensgeschichten in Wien
Anita Sahni kommt aus Neu-Dehli, Chunah Urban-Chao aus Hongkong, Eva Poszogar von den Philippinen. Alle drei leben und arbeiten in Wien. Sie sind eingewandert und haben lange gebraucht, um eigene und östereichische Vorurteile abzubauen.
8. April 2017, 21:58
Chunah Urban-Chao über ihre ersten Eindrücke
"Der Himmel in meinem Land hat eine andere Farbe - unter diesem Titel ist unlängst ein Buch erschienen, das vor allem das Leben und Arbeiten asiatischer Frauen in Wien zum Inhalt hat. Das Buch - so die österreichische Autorin Edith Binderhofer - gebe aber auch Auskunft über ihre Lebensgeschichten in Asien und über Aspekte des Frauenlebens in beiden Welten.
In dem Wer kommen ausnahmsweise nicht westliche ExpertInnen zu Wort, sondern 16 in Wien lebende Frauen, etwa aus China, Japan, Indien, dem Iran, aber auch der Türkei und Armenien. Beruflich sind sie u. a. als Krankenschwester, Elektrotechnikerin, Sekretärin, Restaurantbesitzerin und Künstlerin tätig.
Sprachschwierigkeiten bis heute ein Thema
Chunah Urban-Chao lebt seit 1972 in Wien. Sie leitet das von vielen als Insidertip bezeichnete Restaurant Sichuan in Wien. Aufgewachsen ist sie im Hong Kong der 50er und 60er Jahre. In der Geschichte der früheren Pianistin geht es um den Verlust der Freude an der Musik, um Flucht und politische Verfolgung in der damals britischen Kolonie Hong Kong. Ihre Eltern waren beide Journalisten, die gegen die Kolonialmacht arbeiteten.
Chunah Urban-Chao war 13 Jahre alt, als sie von den Briten eingesperrt wurde. Die Leidenschaft ihrer Mutter für klassische Musik führte sie wenige Jahre später nach Wien, wo sie Klavier studierte. Die Musik opferte sie schon bald ihrem österreichischen Mann, der Erziehung ihres Sohnes, ihrer Tätigkeit als Dolmetscherin für die Wiener Polizei und schließlich ihrem ein und alles, dem Restaurant.
Bis heute gibt es immer wieder Missverständnisse in ihrer nächsten Umgebung, die auf Sprachschwierigkeiten zurückzuführen sind. Ihr Mann hat zwar versucht, Chinesisch zu lernen, gab das mühsame Unterfangen aber dann irgendwann auf. Auch die Lebensweise der österreichischen Frauen war für Chunah Urban Chao, eine elegante Erscheinung mit streng zurückgekämmten Haar, mitunter eine Überraschung.
Begegnungen mit Fremdenfeindlichkeit
Auch für Anita Sahni aus Indien und Eva Pozsogar von den Philippinen war die Eingewöhnung in Wien nicht leicht. Heute, nach vielen Jahren, haben sie für die Sorgen von früher aber oft nur noch ein Lächeln übrig. Auch an fremdenfeindliche Aussagen, die doch immer wieder vorkommen, gewöhne man sich irgendwann, meint etwa die Krankenschwester Anita Sahni, die sich auch als Krankenschwester schon einiges anhören musste. Schmuckerzeugerin Eva Pozsogar kennt ebenso die Vorurteile, die so manch ein Österreicher gegenüber asiatischen Frauen hat, die mit österreichischen Männern verheiratet sind.
Klischeebilder auch in Asien
Westliche Frauen sind erfolgreich, frei und ungezwungen, wenn es etwa um Sexualität geht - ein Vorurteil, das widerum viele asiatische Frauen haben. Dass diese Bilder mit der Wirklichkeit oft nicht viel zu tun haben, wird in den Gesprächen mit dreien der im Buch vorkommenden Frauen ebenfalls klar.
Neue Heimat gefunden
Auch wenn die meisten Frauen immer wieder das Heimweh plagt, so fühlen sie sich nach den langen Jahren leben und arbeiten in Wien eigentlich schon längst als Österreicherinnen. Ihrer Kultur bleiben sie dennoch bewußt treu - ob mit Kulinarischem, Kunstwerken oder einfach einer - von Österreichern widerum als typisch bezeichneten - Freundlichkeit.
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Buch-Tipp
Edith Binderhofer, "Der Himmel in meinem Land hat eine andere Farbe", Edition Roesner, ISBN 3902300159
Link
Edition Roesner - Buch-Detailinformationen