Vor- und Nachteile von Technologien
20 Jahre Institut für Technikfolgenabschätzung
Vor zwei Jahrzehnten war noch keine Rede davon, dass wir in einem weltumspannenden Netz verbunden sein und Geld und Briefe elektronisch um den Globus schicken würden. Bei vielen führt diese Beschleunigung von Innovationen zu Unbehagen.
8. April 2017, 21:58
Anfang der 70er Jahre nahm in den USA das "Office of Technology Assessment" seinen Betrieb auf. Es sollte das Parlament in technischen Zukunftsfragen beraten.
Europa zog Mitte der 80er Jahre nach - auch Österreich richtete ein Büro ein, das sich heute "Institut für Technikfolgenabschätzung" - ITA - nennt und an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beheimatet ist.
Verlässlichkeit von Therapien und Medikamenten
Claudia Wild widmet sich dort der Medizin und der Verlässlichkeit von Therapien und Medikamenten. Denn nicht alles, was ein Patient verabreicht bekommt, ist seinen Preis auch wert.
Zum Beispiel wird in einem kleinen österreichischen Transplantations-Zentrum gegen Abstoßungs-Reaktionen ein Präparat verwendet, das sonst in keinem anderen Spital eingesetzt wird, aber mit fast 3 Millionen Euro zu Buche schlägt. Die Arznei ist zwar nicht unwirksam, aber auch nicht wirksamer als wesentlich billigere Medikamente.
Die Kosten für derlei Therapien hat die Allgemeinheit zu tragen: auch eine Art von "Technikfolgen".
Medizinische Qualitätskontrolle
Unter dem Schlagwort "Evidence Based Medicine" sollen Therapien herausgefiltert werden, die das halten, was sie versprechen und deren Erfolg naturwissenschaftlich nachprüfbar ist. Für Claudia Wild ist "Österreich in diesem Zusammenhang noch Entwicklungsland".
Am schlechtesten sei die Qualitäts-Kontrolle bei neuen chirurgischen Verfahren. Da gäbe es in den österreichischen Spitälern kaum eine nachvollziehbare Basis, welches Operationsverfahren den Patienten nachhaltig gesünder macht und welches häufig zu Komplikationen führt.
Auch die Chirurgen selbst haben sich einer vergleichbaren Leistungsbeurteilung bisher weitgehend entzogen.
Technikfolgenabschätzung mit Mängeln
International sind die Technikfolgen-Experten angetreten, um die Politiker bei Entscheidungen zu beraten. In der Praxis geht das am besten durch die Hintertür, so ITA-Chef Gunther Tichy, in dem man bei den Beamten ansetzt, die Gesetze vorbereiten. Aber: "So erfolgreich, wie man gehofft hatte, ist die Technikfolgenabschätzung nicht geworden."
Unerwünschte Nebenwirkungen hat zum Beispiel die Informationstechnologie - wir können zwar von fast jedem Punkt Österreichs aus mit dem Handy telefonieren, aber diese Technologie hat auch Nachteile - die Privatsphäre geht verloren.
Wir sind ständig zu orten, da das Handy Daten über unseren Aufenthaltsort weitergibt.
Elektronische Spuren
Vor allem unser Konzept von Privatsphäre - immerhin ein verfassungsmäßig garantiertes Recht - ist durch die Informationstechnologien stark unter Druck gekommen.
Wir hinterlassen - zum Beispiel mittels Bankomat- oder Kreditkarte - ständig Spuren über unser Einkaufsverhalten, wir hinterlassen im Internet Daten über besuchte Seiten; wenn wir an einem Flughafen einchecken, werden wiederum Daten über uns abgespeichert.
Die ideale Technologie
Ideal ist eine Technologie für den ITA-Experten Walter Peissl dann, wenn sie angenommen wird, mit keinen gesellschaftlichen Werten im Widerspruch steht und wenn ihre Nutzer bei der Entwicklung eingebunden werden.
Deshalb versuchen die Spezialisten bei der Bewertung von Innovationen zunehmend auch Laien einzubinden und damit die Technologie-Entwicklung zu demokratisieren.
Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung nach Ende der Live-Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen.
Link
Institut für Technikfolgenabschätzung