"Festwochen"-Chef Luc Bondy zu Gast in Ö1
Ein "Weltregisseur" als Festival-Chef
Seine Vielseitigkeit umfasst Theater- und Filmregie und er schreibt auch: Luc Bondy, Intendant der "Wiener Festwochen". Seine Regie-Erfolge feierte der gebürtige Schweizer nicht nur an deutschen, französischen und Schweizer Bühnen, sondern auch in Österreich.
8. April 2017, 21:58
Ein "Weltregisseur" ist seit Juli 2001 als Intendant der "Wiener Festwochen" für das renommierte Festival allein programmverantwortlich und wird es bis 2010 leiten: Luc Bondy. Bereits seit 1997 leitete er als Schauspieldirektor gemeinsam mit Musikdirektor Klaus-Peter Kehr und der Direktorin für Tanz und Crossover-Projekte Hortensia Völckers die "Wiener Festwochen".
In Wien war zuletzt Bondys Produktion von Philippe Boesmans Oper "Julie" (nach Strindbergs "Fräulein Julie"), die erst vergangenen März im Brüsseler "Theater La Monnaie" in Brüssel uraufgeführt worden ist, zu sehen. Dabei stammte nicht nur die Regie von Luc Bondy - sondern auch das Libretto. In der kommenden "Burg"-Saison wird er Jon Fosses neues Stück "Sleep" am Akademietheater inszenieren. Diesmal ist Luc Bondy mit Vertretern und Protagonisten der "Wiener Festwochen" live zu Gast bei Otto Brusatti im Ö1 "Klassik-Treffpunkt", der diesmal aus der Wiener Stadtbibliothek kommt.
"Nestroy-Preis 2000" für "Beste Regie"
Im Oktober 2000 erhielt Luc Bondy den "Nestroy-Preis", der damals erstmals vergeben wurde, in der Kategorie "Beste Regie" für seine Akademietheater-Inszenierung von "Die Möwe".
"Burg"-Buch als Ansporn zum Bleiben
Und zwei Jahre später gab es eine andere Art von Ehrung: "Das ist für mich ein Rätsel, denn für mich ist Theater das Gegenteil von fassbar", gab sich Luc Bondy im Mai 2002 bei der Präsentation des dritten Bandes der im Residenz Verlag erscheinenden "Edition Burgtheater".
"Burg"-Chef Klaus Bachler drückte damals seine Hoffnung aus, dass es "ein Ansporn für Luc Bondy" sein werde, "seine Arbeitsbiografie am Burgtheater fortzusetzen."
Regietriumphe in Österreich
In Österreich inszenierte Bondy bei den Salzburger Festspielen die Uraufführung von Botho Strauß' "Das Gleichgewicht". Zu seinen weiteren erfolgreichen Festspiel-Inszenierungen zählten Strauss' "Salome" (1992) sowie Mozarts "Le Nozze di Figaro" (1995). zu sehen.
Für die Wiener Festwochen setzte Bondy Mozarts "Don Giovanni" (1990) in Szene. Weiters verfasste er auch Libretti, so etwa für Boesmans Opern "Reigen", "Wintermärchen" und "Julie", die kürzlich bei den "Wiener Festwochen" zu sehen war.
Erfolgreiche Koproduktionen ...
Als "Festwochen"-Direktor präsentierte Bondy in Wien mit viel Erfolg seine französischsprachigen Inszenierungen von Strindbergs "Jouer avec le feu" (1997) und Racines "Phedre" (1998) sowie Becketts "Warten auf Godot". Seine "Festwochen"-Koproduktion des "Theaters in der Josefstadt" von Horvaths "Figaro lässt sich scheiden" (1998) wurde auch zu den Berliner Theatertagen geladen.
Und für seine Inszenierung von Ibsens "John Gabriel Borkman", einer Koproduktion des "Theatre Vidy" mit den "Festwochen", wurde er 1993 von der Zeitschrift "Theater heute" zum Regisseur des Jahres gekürt.
... und Filme
Aber auch auf dem Gebiet des Films ist Bondy erfolgreich tätig: So wurden "Die Ortliebschen Frauen" (1980) mit dem "Grand Prix du Jeune Cinema" des Festivals Hyeres ausgezeichnet. Weiters verfilmte er Schnitzlers "Das weite Land" (1987).
Bondy ist überdies auch als Buchautor erfolgreich tätig, so erschienen zuletzt 1997 seine Theater-Reflexionen "Das Fest des Augenblicks" (Residenz).
Debüt in Paris
Luc Bondy wurde am 17. Juli 1948 in Zürich geboren und verbrachte einen Teil seiner Kindheit in Frankreich. Nach dem Besuch der Pantomimenschule von Jacques Lecoq gab er sein Debüt am "Theatre Universitaire International" in Paris, wo er mit Erfolg eine Novelle von Gombrowicz für das Theater adaptierte. 1969 wurde er Regieassistent am Hamburger "Thalia Theater". Ab 1971 inszenierte er u.a. Genets "Die Zofen" (Hamburg, 1971), "Die Stühle" von Ionesco (Nürnberg, 1972), "Wie es euch gefällt" von Shakespeare (Wuppertal, 1973), Goethes "Stella" (Darmstadt, 1973) und Edward Bonds "Die See" (München, 1973).
Von 1974 bis 1976 arbeitete Bondy an den "Städtischen Bühnen Frankfurt". In weiterer Folge übernahm er die Regie zahlreicher Stücke an der von Peter Stein geleiteten "Berliner Schaubühne". 1981 war er in Köln tätig, wo er "Yvonne, Prinzessin von Burgund" von Gombrowicz, "Glückliche Tage" von Beckett und 1982 "Macbeth" von Shakespeare inszenierte. Im gleichen Jahr adaptierte er Botho Strauß' "Kalldewey Farce" für das Theater, die dann an der "Berliner Schaubühne" aufgeführt wurde. 1984 inszenierte Bondy Arthur Schnitzlers "Das weite Land" am "Theatre des Amandiers" im Pariser Vorort Nanterre. Für diese Inszenierung wurde er mit dem Deutschen Kritikerpreis, Abteilung Theater, ausgezeichnet.
Co-Direktor der "Berliner Schaubühne"
Von 1985 bis 1987 war er mit den Dramaturgen Dieter Sturm und Christoph Leimbacher künstlerischer Co-Direktor der Berliner Schaubühne, wo er u. a. 1985 "Triumph der Liebe" von Marivaux, 1986 "Die Fremdenführerin" von Botho Strauß und im November 1987 Molieres "Der Menschenfeind" inszenierte.
Zu Bondys weiteren wichtigen Theater-Inszenierungen zählen u. a.Shakespeares "Wintermärchen" in der Übersetzung von Bernard-Marie Koltes (Nanterre 1988 und Festival d'Avignon), "Die Zeit und das Zimmer" von Botho Strauß (Schaubühne, 1989), Schnitzlers "Der einsame Weg" am "Theatre Renaud-Barrault" in Paris (1989), "Schlußchor" von Botho Strauß (Schaubühne, 1992), Ibsens "John Gabriel Borkman" (Lausanne, 1993), "Das Gleichgewicht" von Botho Strauß (Salzburger Festspiele, 1993), Handkes "Die Stunde da wir nichts voneinander wussten" (Schaubühne, 1994, in Co-Produktion mit dem "Festival d'Automne à Paris") sowie "Der Illusionist" und "Träumen wir!" von Sacha Guitry (Schaubühne, 1995).
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