Innovation und Ästhetik

Wem nützt Schönheit?

Als philosophische Disziplin geht die Ästhetik auf den 1714 geborenen Philosophen Alexander Gottlieb Baumgarten zurück. Er ordnete die Ästhetik der Erkenntnislehre zu und definierte sie als Theorie der sinnlichen Erkenntnis und als Theorie des Schönen.

Während für Biologen Ästhetik in Zusammenhang mit der Partnerwahl untersuchungs-relevant ist, hat die Psychologie das breite Spektrum ästhetischen Erlebens im Fokus und stellt die Frage, wem etwas Bestimmtes gefällt und was die Bedingungen dafür sind. Aus psychologischer Sicht ist Ästhetik das Wohlbefinden, das sich bei der erfolgreichen Verarbeitung von Reizen einstellt.

Modell des ästhetischen Erlebens

An der Fakultät für Psychologie der Universität Wien gibt es seit Herbst des vergangenen Jahres den Forschungsschwerpunkt Ästhetik und Ergonomie, wobei die Forschungsvorhaben der Arbeitsgruppe von Prof. Helmut Leder, Institut für Psychologische Grundlagenforschung, Fragestellungen aus den Bereichen Design, Ergonomie, Experimentelle Ästhetik, Kunstwahrnehmung sowie Gesichtserkennung und Gesichtsattraktivität umfassen.

So konnte erst jüngst im British Journal of Psychology ein erstes umfassendes Modell zum ästhetischen Erleben publiziert werden. Dieses Modell erlaubt auf Basis des Vorwissens und der aktuellen Verfassung des Betrachters, die einzelnen Stufen ästhetischen Erlebens zu analysieren.

Durch die in Kooperation mit der Freien Universität Berlin durchgeführte Grundlagenforschung im Bereich der psychologischen Ästhetik versuche man - so Prof. Helmut Leder - die Lücke zwischen philosophischen und kunstwissenschaftlichen Ansätzen zum ästhetischen Erleben mit den aus Experimenten gewonnenen Theorien zu füllen.

Die Dynamik der Anmutung von Design

Darüber hinaus wolle man - so der Ästhetikforscher Helmut Leder - einen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft leisten, denn der Erfolg einer Industrienation beruhe im Wesentlichen auf der Entwicklung innovativer Produkte, die eine Vorreiterrolle spielen und den exportorientierten Unternehmen Marktanteile sichern.

Neben technischer Innovation und Preisgestaltung können vor allem durch erfolgreiches Produkt-Design Marktpositionen gesichert werden. Dabei sei essentiell, dass die Dynamik der Anmutung von Design berücksichtigt werde, sagt Helmut Leder. Dies verlange Grundlagenforschung zur Frage, wie sich Innovation und Ästhetik über die Zeit beim Betrachter entwickeln.

Optimierung des Kunstgenusses

Durch die Umsetzung solchen Wissens könne beispielsweise die Dauer, mit der ein Produkt als attraktiv angesehen wird, wesentlich verlängert werden, was zu einer höheren Ausschöpfung des Gewinnpotenzials führe. So will das Institut für Psychologische Grundlagenforschung mit seinem Forschungsprojekt zu ästhetischen Fragestellungen kleine und mittelständischen Unternehmen, die sich Investition in eigene Designentwicklungsabteilungen nicht leisten können, hinsichtlich Designentwicklung und Bewertung unterschiedlicher Designvarianten beraten und unterstützen.

Mit der parallel dazu stattfindenden Forschung zur Kunstwahrnehmung will man ausloten, inwieweit Kunstgenuss zu steigern ist. Dafür ist geplant in Museen zu untersuchen, welche Anordnung von Kunstwerken und begleitender Information, welche Placierung von Bildern und Skulpturen optimale ästhetische Erlebnisse hervorruft.

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