Alte rumänische Kulturlandschaften

Bis ans Ende der Karpaten

Wer Rumänien bisher nur mit Straßenkindern und Industrieruinen assoziiert hat, wird staunen: Es gibt in Europa ganz wenige Hügel- und Gebirgslandschaften, die sich an Schönheit mit dem Karpatenbogen vergleichen lassen.

In der nordrumänischen Region Maramures wurde - und wird zum Teil noch - fast alles aus unbemaltem Holz gebaut: die gedrungenen Wohnhäuser wie auch die mit Schnitzereien verzierten Tore, die ein Statussymbol sind und früher so genannten Edelfamilien unter den Bauern vorbehalten waren.

Sieben dieser Kirchen stehen auf der UNESCO-Welterbeliste. Aber die alten Gotteshäuser werden zu eng, weil die Kirche in der Zeit der existenziellen Unsicherheit in Rumänien immer mehr Zulauf bekommt.

In der Ortschaft Bogdan Voda hat man das Platzproblem der Gläubigen etwas brachialer gelöst: Unmittelbar neben die alte Holzkirche wurde Anfang der 90er Jahre eine überdimensionierte, etwas grobschlächtige Steinkirche hingeklotzt.

Eine Kuh, ein paar Schweine, Kartoffeln, Schafe

Zerstörungen dieser Art halten sich aber - noch - in Grenzen. Durch die wirtschaftlichen Probleme des Landes existiert die alte bäuerliche Lebensform um ein paar Jahre länger, als es wohl sonst der Fall wäre. Die Bergwerke der Gegend sind stillgelegt, darunter auch die Goldmine von Baia Mare, aus der vor einigen Jahren tonnenweise mit Zyan vergifteter Schlamm in die Theiss gelangte.

Viele der nun Arbeitslosen sind auf Selbstversorgerwirtschaft umgestiegen. Eine Kuh, ein paar Schweine, Kartoffeln, Schafe. Alles Bio, schon weil die Menschen sich Kunstdünger gar nicht leisten können. Leider fehlen selbst für Medikamente oder eine gute Ausbildung der Kinder oft die Mittel.

Der "Lustige Friedhof” von Sapânta

In der Ortschaft Sapânta begann der Maler Ioan Stan Patras Mitte der 30er Jahre, die hölzernen Grabkreuze mit bunten Reliefs zu dekorieren. Die naiven Bilder zeigen die Toten in einer für ihr Leben repräsentativen Situation. Frauen mit Spindeln, an Webstühlen, mit Brotlaiben beim Backen, Hirten bei der Herde, Handwerker bei der Arbeit, Beamte am Schreibtisch.

Auf einem der Kreuze sieht man einen jungen Mann kopfüber in einen Fluss stürzen. Darunter der Spruch: "Der Schnaps ist ein richtiges Gift. Er bringt uns Trauer und Sorge. Mich hat er unter die Erde gebracht." Es kann kaum wundern, dass die Männer im Maramures manchmal einen zu viel erwischen: Der edle Zwetschgenschnaps, der hier gebrannt wird, ist weit über Rumänien hinaus bekannt.

Moldauklöster in der Bukowina

In der Bukowina, der rumänischen Region Moldau, hat die Landschaft eine herbere Ausstrahlung als im Maramures. Die Moldauklöster mit ihren Außenfresken erreicht man über bewaldete Bergpässe. Am besten besucht man zuerst Moldovita. Dort wird man nämlich auf eine absolut unwiderstehliche Art in die Bildsprache der Fresken eingeführt.

Schwester Tatiana erklärt in fast perfektem Deutsch mit lustigen Eigenheiten die Fresken. "In der Malerei wurden viele Lokalelemente eingeführt, das heißt, dass die Bibel auf unser Leben übertragen wurde. Die Engel melden das jüngste Gericht nicht mit Trompeten, sondern mit dem Karpatenhorn."

Sie sind ein Erlebnis, diese hohen Kirchenmauern, die über und über mit Heiligen und Teufeln, Gläubigen und Sündern, Tieren und Pflanzen bemalt sind - in einem rhythmischen, etwas strengen Duktus.

Ihren Lebensunterhalt und das Geld zur Erhaltung der Fresken erarbeiten die Schwestern in den Moldauklöstern großteils selbst - durch die eigene Landwirtschaft, das Sticken von Priesterornaten, Kunsthandwerk und die Betreuung der Touristen. "Wir suchen immer Sponsoren", erklärt Schwester Tatiana, "aber wenn wir das Kloster für die Nachwelt bewahren wollen, dann wird uns Gott sicher helfen."

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