Die Einheit von Zeit und Raum

Zeitdehnung

Im "Jahr der Physik 2005" stehen die epochalen Theorien des Physikers Albert Einstein im Mittelpunkt vieler Ö1 Sendungen. Hier die Erklärung der wichtigsten Begriffe seiner wissenschaftlichen Arbeiten zum Nachlesen.

Die Zeitdehnung ist eine wesentliche Konsequenz sowohl der Speziellen (SRT) als auch der Allgemeinen (ART) Relativitätstheorie. Die Zeit vergeht nach der Relativitätstheorie in verschiedenen Bezugssystemen unterschiedlich schnell, da ihr Ablauf von der Bewegung des Beobachters und der Gravitation beeinflusst wird.

Gemäß Einsteins SRT verläuft der Zeitfluss in einem ruhenden Bezugssystem anders als in einem System, das sich relativ zum Beobachter bewegt. Die Zeit in einem Bezugssystem vergeht umso langsamer, je schneller sich dieses bewegt: Bewegte Uhren ticken langsamer als relativ dazu ruhende Chronometer - beispielsweise in einem sich sehr schnell bewegenden Raumschiff.

Dieser relativistische Effekt hat nichts mit einer mechanischen Störung von Uhren zu tun, sondern er ist eine Eigenschaft der Zeit an sich, die man "Zeitdilatation" oder "Zeitdehnung" nennt. In der Relativitätstheorie sind alle Inertialsysteme gleichberechtigt, deshalb sehen wir immer die relativ zu uns bewegte Uhr langsamer gehen.

Zeitdehnung wirkt auf alle natürlichen Vorgänge

Die Zeitdehnung wirkt sich auf alle natürlichen Vorgänge aus, auch auf das Altern menschlicher Zellen. Ein schnell fliegender Astronaut altert demnach langsamer als ein Mensch auf der Erde. Da diese Zeitdehnung aber erst bei Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit (ca. 300 000km/s) signifikant wird, spielt sie in der Alltagswelt abgesehen von wenigen Ausnahmen (z.B. beim Satellitennavigationssystem GPS) keine Rolle.

Dennoch wurde die Zeitdilatation bereits in den 70er Jahren experimentell nachgewiesen. Nach einem mehrtägigen Weltflug in westlicher Richtung um die Erde gingen vier mittransportierte Atomuhren gegenüber den auf dem Erdboden ruhenden Atomuhren tatsächlich um mehrere Milliardstel Sekunden nach.

Bis zum Stillstand der Zeit

Gemäß der ART beeinflusst aber auch die Gravitation den Zeitfluss. Uhren ticken umso langsamer, je stärker die Schwerkraft in einem Bezugssystem ist, je näher sie also Himmelskörpern kommen. Diese Zeitdehnung wirkt sich im Universum vor allem in der Nähe von sehr massereichen kosmischen Objekten aus. Könnten wir einen Astronaut dabei beobachten, wir er sich einem Schwarzen Loch nähert, würden wir eine ständig anwachsende Zeitdehnung feststellen, die am Ereignishorizont des Schwarzen Lochs unendlich wird. Dort würde die Zeit des Astronauten aus unserer Sicht dann förmlich stillstehen.

Aber selbst auf der Erde wirkt sich die durch die Gravitation verursachte Zeitdehnung aus, allerdings wiederum nur in winzigen Werten. Nach der ART altert der Kopf eines Menschen in einer Milliarde Jahren um sieben Sekunden schneller als seine Füße, weil diese sich näher am Erdboden befinden, wo eine geringfügig stärkere Schwerkraft wirkt. Zugegeben, ein für das praktische Leben vernachlässigbarer, aber dennoch real existierender Effekt der Relativitätstheorie.

Die so genannte Raumzeit

Die Zeitdilatation ist neben der Längenkontraktion (bewegte Körper schrumpfen) die wichtigste Konsequenz der SRT. Beide relativistischen Effekte sind zwei komplementäre Ausprägungen ein und desselben physikalischen Phänomens. In der Speziellen Relativitätstheorie sind Zeit und Raum keine getrennten Begriffe, sie bilden vielmehr eine vierdimensionale Einheit, die so genannte Raumzeit. In bewegten Systemen dehnt sich die Zeit um denselben Faktor, wie sich der Raum verkürzt.

In der klassischen Physik Newtons war die Zeit ein gleichförmiges Metronom, das allen Vorgängen in der Natur dasselbe Maß zuteilte, eine absolute und unbeeinflussbare Größe im Universum. Aus Einsteins Relativitätstheorie ergab sich hingegen, dass die Zeit (und auch der Raum) eine von der Bewegung des Beobachters abhängige Größe ist. Damit erhielt der Begriff "Zeit" eine relative Bedeutung in der Physik und im Universum.