Bei Eisen am größten

Massendefekt

Im "Jahr der Physik 2005" stehen die epochalen Theorien des Physikers Albert Einstein im Mittelpunkt vieler Ö1 Sendungen. Hier die Erklärung der wichtigsten Begriffe seiner wissenschaftlichen Arbeiten zum Nachlesen.

Unter Massendefekt versteht man die in Energie zerstrahlte Masse im Zug von Kernprozessen, sowohl bei Verschmelzung (Fusion) wie auch Spaltung (Fission): den Endprodukten fehlt die umgewandelte Masse gegenüber den Ausgangsmaterialien als "Massedefekt".

Einfachstes Beispiel ist die Verschmelzung von zwei Protonen und zwei Neutronen zu einem Atomkern des Elements Helium: Der Heliumkern weist eine geringere Masse auf, als es die Summe der beiden Protonen und Neutronen ergeben würde. Dieser Vorgang ist die Basis der Strahlung der Sonne und der meisten anderen Sterne. Er kann auch fortgeführt werden: Verschmelzen etwa drei Heliumkerne zu einem Kohlenstoff-, oder vier Heliumkerne zu einem Sauerstoffatom, tritt wieder ein Massedefekt auf: Der Kohlenstoffkern ist leichter als die drei Heliumatome, die ihn bilden.

Größenverhältnisse der Umwandlung

Die Größenverhältnisse bei dieser Umwandlung von Materie in Strahlungsenergie wird durch die "berühmteste Formel der Welt", E = mc2, wiedergegeben: Energie, der Energiegehalt der frei werdenden Strahlung, ist gleich Masse mal Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat. Dank der gigantischen Zahl c2 (eine Milliarde Stundenkilometer mal einer Milliarde Stundenkilometer) ist die erzeugte Strahlung im Vergleich zur verbrauchten Masse enorm.

Der weitere Prozess der Verschmelzung von leichteren Atomkernen zu immer schwereren unter Auftreten eines Massedefekts (und Abgabe von Strahlung), kommt jedoch ab einer definierten Größe der beteiligten Kerne zum Erliegen: der des Eisens. Das Eisenatom, bestehend aus 26 Protonen und etwa 30 Neutronen (die Neutronenzahl kann in geringem Maß schwanken, man spricht von "Isotopen") ist das im Vergleich zu seinen 56 Kernbausteinen leichteste, das in der Natur vorkommt.

Anders gesagt, der Massedefekt ist bei Eisen am größten. Grund dafür sind die spezifischen Eigenschaften der Bindungsenergie, die zum "Verkleistern" von Protonen und Neutronen zu einem Atomkern nötig ist. Bei der Verschmelzung von Atomkernen über die Gewichtsgrenze des Eisens hinaus, wird Energie somit nicht frei, sondern im Gegenteil, es muss Energie zugeführt werden.

Die Spaltung schwerer Kerne

Dennoch findet auch dies (in geringem Ausmaß) in Sternen, vor allem großen Sternen statt, wo die benötigte Energie aus Fusionsprozessen kleinerer Kerne ständig zur Verfügung steht. Wir verdanken dem die Existenz solcher schwerer Atome im Universum, also auch auf der Erde. Umgekehrt ergibt sich aus diesen Verhältnissen, dass bei Kernen schwerer als der des Eisens, Energie durch Spaltung frei wird: exakt jene Energiemenge, die bei ihrer Erzeugung gebunden wurde.

Der nutzbare, das heißt in Strahlung umsetzbare Massedefekt wird vor allem bei der Spaltung sehr schwerer Kerne beträchtlich, etwa bei Uran, Plutonium oder Radium. Sie sind die Ausgangsmaterialien sowohl in Atomkraftwerken wie auch für Atombomben, die auf der Spaltung schwerer Kerne beruhen.