Die Slowakei als Vorbild?
Flat Tax
Vorreiter bei der Vereinheitlichung der Steuersysteme ist derzeit die Slowakei, die mit Beginn 2004 eine Flat Tax in der Höhe von 19 Prozent eingeführt hat. Letzte Woche stellte sich der slowakische Finanzminister Ivan Miklos in Wien der Diskussion.
8. April 2017, 21:58
Die Diskussion um die Vereinfachung der Steuersysteme beherrscht die Wirtschaftsdebatten in allen neuen EU-Länder. Vorreiter ist derzeit die Slowakei, die mit Beginn 2004 eine Flat Tax in der Höhe von 19 Prozent eingeführt hat. Die Vereinheitlichung der Sätze für Mehrwert-, Einkommens- und Unternehmenssteuern bringt in den Augen der Befürworter mehr Transparenz, geringeren bürokratischen Aufwand, weniger Angriffsfläche für Korruption und macht den Standort attraktiv.
Die Kritiker beklagen mangelnde soziale Ausgewogenheit und "Steuer-Dumping" auf Kosten der EU-Nettozahler und fürchten eine fiskalische Teilung Europas. Die Armutskonferenz etwa sieht in diesen Entlastungen "für oben von heute, die Belastungen für unten von morgen", wie es der Sozialexperte des österreichischen Anti-Armutsnetzwerks, Martin Schenk, einmal formulierte.
Der slowakische Premier Mikulas Dzurinda jedenfalls durfte sich von US-Präsident George W. Bush bei seinem jüngsten Besuch in Bratislava ausdrücklich loben lassen. Die Flat Tax sei eine "ausgezeichnete Sache, sie macht die Slowakei attraktiv für ausländische Investoren."
Das Beispiel macht Schule
Rumänien hat Anfang dieses Jahres eine Flat-Tax-Rate von 16 Prozent eingeführt und der slowenische Staatspräsident Janez Drnovsek hat sich zuletzt Anfang März positiv zur Einführung einer einheitlichen Steuerstufe geäußert. Der Liberaldemokrat warnte zugleich aber auch davor, Sozialleistungen "kurzfristig" zu verringern. Und in Österreich sieht Vizekanzler Hubert Gorbach (FPÖ) in der mit 1. Jänner 2004 in Kraft getretenen Steuerreform und der damit verbundenen Absenkung der Körperschaftssteuer auf 25 Prozent eine Vorstufe zur Flat Tax und eine Verhinderung von Abwanderungstendenzen in Richtung Flat-Tax-Ländern wie der Slowakei.
Ein Vorbild?
Am 24. Februar fand im Wiener Institut für den Donauraum und Mitteleuropa eine Konferenz über die slowakische Steuerreform statt. Zu Gast bei der Veranstaltung, die unter dem Titel "Flat Tax und wirtschaftlicher Aufbruch: Die Slowakei als Vorbild?" stand, war unter anderem der slowakische Finanzminister Ivan Miklos.
Miklos' Resümee ist - naturgemäß - positiv. Die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer seien deutlich gestiegen, jene aus der Einkommensteuer und der Besteuerung der Unternehmensgewinne seien in etwa gleich geblieben.
Überraschende Ergebnisse
Schon wenige Monate nach Einführung der Flat Tax in der Slowakei versuchte Miklos' Staatssekretär Vladimil Podstransky dem Vorwurf zu begegnen, dass von der Steuerreform nur die Reichen und die Unternehmen profitierten würden. Die Steuerbelastung für die Bezieher höherer und ganz niedriger Einkommen sei durch die "flat tax" gesunken, jene der mittleren Einkommensbezieher sei ungefähr gleich geblieben.
Denn: Während der niedrigste Einkommensteuersatz früher 10 Prozent betragen habe, seien Einkommen bis zu 89.000 Kronen (2.219 Euro) im Jahr jetzt steuerfrei. Dennoch gibt die slowakische Regierung zu, dass Pensionisten und Sozialhilfeempfänger durch die höhere Mehrwertsteuer Einbußen erlitten hätten. Vor der Steuerreform galt für Lebensmittel, Energie, Medikamente und Bücher ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz von 14 Prozent.
Wien-Bratislava
Da Wien und Bratislava davor stehen, eine zu einer neuen Europaregion zusammen zu wachsen, sind diese Steuersystembewegungen von großer Bedeutung. Es stellt sich immer die Frage, in wie weit diese Reformen Staaten, die kein Flat-Tax-System haben, unter Druck setzen, und wie sich dieser Steuerwettbewerb weiter entwickeln kann. Karl-Peter Schwarz hat in einem neulich erschienenen Artikel über dieses Thema für die Frankfurter Allgemeine Zeitung die osteuropäischen Steuerreformen als Steuer-Experiment für die alten EU Länder benannt.
Die längsten Erfahrungen mit der Flat Tax hat im übrigen Russland. Dort wurde bereits im Jahr 2000 die Steuerrate auf einheitlich 13 Prozent gesenkt - just in einem Jahr, als das russische Budget einen Überschuss aufwies.
Links
Der Standard - ...keine Ende der Fahnenstange
FAZ - Revolution der Steuersysteme
Wienerzeitung - Interview mit Ivan Miklos
Weltwoche - Vorbild Slowakei
steuersystem.de - PDF
Stanford University - Das Original von Hall/Hrabushka
Institut für den Donauraum und Mitteleuropa