Mitreißende Biografie
Madame de Pompadour
Uwe Schultz nutzt für seine Biografie alle bisher vorhandenen gedruckten Quellen, zeigt Madame de Pompadour aber weder - wie derzeit im Trend - als erfolgreiche Feministin im Ränkespiel der Macht, noch als Nutzerin ihrer erotischen Weiblichkeit.
8. April 2017, 21:58
Die Gedanken der jungen Jeanne-Antoinette Poisson, einer Bürgerlichen, waren wohl schon 1730 auf ihren sozialen Aufstieg gerichtet. Sie erhielt eine gediegene Erziehung in einer Klosterschule der Ursulinen, später wählten ihrem Vater verbundene Adelige einen standesgemäßen Ehemann aus dem niederen Adel aus.
Die Ehe mit Monsieur Le Normant D'Etiolles war eine notwendige gesellschaftliche Etappe für Madame de Pompadour. Ihr Aufstieg in die Kreise des französischen Hofes war sorgfältig geplant. Sie bezauberte durch ihren Charme, ihre musische Begabung, ihre Schönheit und ihre Intelligenz.
20 Jahre glückliche Beziehung
Schon lange bevor sie der König offiziell bemerkte, hatte seine Entourage sie als mögliche Maitresse auserkoren. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Schon die erste erotische Begegnung war ein Akt perfekter Inszenierung. Ein mehrtägiges Fest zur Hochzeit des Dauphins mit der spanischen Infantin Marie Therese gab den entsprechenden Rahmen dazu ab.
Die erste gemeinsame Nacht fand im Pariser Stadthaus der Geliebten statt. Diese Nacht mit Ludwig XV. war der Beginn einer 20-jährigen intensiven und glücklichen Beziehung mit dem zur Melancholie neigenden König, die bis zum Tode von Madame Pompadour andauerte, obwohl die stürmische Leidenschaft und körperliche Intimität nur fünf Jahre währte.
Madame de Pompadour war nicht fähig, der sexuellen Leidenschaft des Königs mit gleichen Gefühlen zu begegnen, und sie wusste es. (...) Dagegen versuchte sie mit fragwürdigen Liebestränken anzukämpfen und bekannte unter Tränen: "Ich bin in großer Furcht, das Herz des Königs zu verlieren, wenn ich nicht fortfahre, ihm angenehm zu sein. Die Männer legen, wie Sie wissen, großen Wert auf gewisse Dinge, und ich habe das Unglück, ein sehr kaltes Temperament zu haben".
Erfolgreiche Diplomatin
Um am Hof von Versailles als Maitresse akzeptiert zu werden, bedurfte es noch eines höheren Adelstitels. Mit Hilfe von 200.000 Livres wurde aus Madame d'Etiolles Madame de Pompadour. Sie bezog ein Appartement in der Nähe der königlichen Gemächer, sie verbrachte die Abende mit dem König und seinen Gästen und verkehrte regelmäßig mit der Gemahlin des Königs.
Madame de Pompadour erreichte ein Ansehen, das unübertroffen blieb. Sie stieg zur persönlichen Beraterin des Königs auf, war mit hoher Entscheidungsmacht ausgestattet und agierte schließlich auch als politische Diplomatin. Im königlichen Auftrag verhandelte sie ein Bündnis mit Österreich gegen den Preußenkönig Friedrich II., das zwar für Frankreich nicht erfolgreich war, aber Madame de Pompadour zum wichtigsten diplomatischen Partner Österreichs am Hofe von Versailles werden ließ.
Tod einer Freundin
Madame de Pompadour, die sich dennoch in völliger Abhängigkeit von der Gunst des Königs und seiner Umgebung befand, bangte 15 Jahre nach dem Ende ihrer sexuellen Beziehung zum König um ihre gesellschaftliche Stellung am Hof, zumal sie seit ihrer Kindheit an Tuberkulose litt und es ist ihrer außerordentlichen Geschicklichkeit zu verdanken, dass es ihr gestattet war, weiterhin in Versailles in Prunkgemächern zu wohnen und selbst dort zu sterben. Der König durfte weder im Augenblick ihres Todes anwesend sein, noch an ihrem Begräbnis teilnehmen. Er stand am Balkon und weinte kurz, als man ihren Sarg vorbei führte.
Er sagte kein Wort, als sich der Trauerkonvoi langsam entfernte. Dann trat er zurück in sein Appartement, zwei große Tränen auf den Wangen, und sagte: "Das war die einzige Pflicht, die ich ihr erweisen konnte. Bedenken Sie, eine Freundin, 20 Jahre lang!"
Eine Frau mit Würde
Es ist ein respektables Buch des deutschen Journalisten Uwe Schultz, das die vorhandenen gedruckten Quellen über Madame Pompadour zusammenfasst und in eine sanfte Neudeutung überführt. Weder wird sie, wie derzeit im Trend, krampfhaft zu einer erfolgreichen Feministin im Ränkespiel der Macht umgedeutet, noch wird ihr Erfolg ausschließlich ihrer erotischen Weiblichkeit zugeschrieben. Sie wird als Frau mit Würde, Klugheit und Liberalität präsentiert, die Schulen gründete und mit den Enzyklopädisten in Kontakt war, deren Mentalität aber im Geist ihrer Zeit verwurzelt blieb. Und eines scheint zu bleiben: Sie war dem König in aufrichtiger Liebe verbunden.
Buch-Tipp
Uwe Schultz, "Madame de Pompadour oder die Liebe an der Macht", C.H. Beck Verlag, ISBN 3406521940