Hohe Dunkelziffer
Störungen des Lymphgefäßsystems
Schätzungen zufolge leiden in Österreich etwa 30.000 Menschen an Lymphödemen. Trotz intensiver Aufklärungsmaßnahmen der letzten Jahre, gehören Erkrankungen des Lymphgefäßsystems noch immer zu den Stiefkindern der Medizin.
8. April 2017, 21:58
Weder die Schulmedizin (Forschung und Behandlung) noch die Sozialversicherung haben Störungen des Lymphgefäßsystems bisher die entsprechende Aufmerksamkeit geschenkt.
Ärzte unterschätzen noch oft die Folgewirkungen bzw. diagnostizieren das Lymphödem nicht als solches. Dies obwohl ein unbehandeltes Lymphödem mit einem erheblichen Leidensdruck einhergeht, zu verschiedenen Hautveränderungen bis zur Elefantiasis und sogar zur Invalidität führen kann.
Es ist leider eher die Regel, als die Ausnahme, dass Betroffene, die an Lymphödemen leiden, erst nach jahrelangem Leidensweg eine effektive Therapie erhalten.
Mehr Betroffene als angenommen
Experten gehen davon aus, dass 80 Prozent der Betroffenen Frauen sind. Besonders Patientinnen (ca. 20 bis 40 Prozent) nach einer Brustkrebsoperation leiden an diesen unangenehmen Gewebsflüssigkeitseinlagerungen. Doch damit nicht genug.
Schätzungen zu Folge gibt es darüber hinaus eine erhebliche Grauzone. Dies sind vor allem jene Personen, die an einem so genannten latenten Lymphödem leiden und nur leichte bzw. überhaupt noch keine klinischen Symptome aufweisen. Bei diesen Personen besteht nun die Gefahr, dass sich bereits durch banale Traumen, wie z. B. eine Blutdruckmessung oder Blutabnahme ein Lymphödem manifestieren kann.
"Es ist daher wichtig", erklärt Univ.-Prof. Dr. Hugo Partsch, Präsident der Welt-Union der wissenschaftlichen Vereinigungen für Phlebologie, "das Bewusstsein der Betroffenen zu schärfen, so dass sie schon im Vorfeld auf Risikofaktoren wie die genannten Traumen oder etwa das Auftreten einer Infektion im betroffenen Bereich, achten können."
Lymphödeme - das Stiefkind unter den Gefäßerkrankungen
Neben der großen Dunkelziffer und der Tatsache, dass viele Betroffene jahrelang nicht richtig diagnostiziert werden, sind darüber hinaus auch medizinische Einrichtungen, in denen Betroffene eine individuell abgestimmte Therapie erhalten, in Europa rar. Es fehle vor allem, so Experten, an speziell ausgebildeten Ärzten und Therapeuten.
Ein kleiner Lichtblick?
Ein wenig Hoffnung geben die Ergebnisse einer Umfrage der Österreichischen Lymphliga. So sind zwischen 1997 und 2004 das soziale Wissen und die gesellschaftliche Akzeptanz für diese Erkrankung gestiegen. Auch die Behandlungszufriedenheit stieg von 45,5 Prozent auf 63,7.
Etwas gesunken, aber immer noch erschreckend ist die Dauer, die zwischen dem Erkennen der Symptome und dem Beginn der Behandlung liegt. Etwa vier Jahre müssen Betroffene durchschnittlich warten, bis sie entsprechend therapiert werden. Dies ist eine lange Zeit, in der Patienten nicht nur sozial beeinträchtigt sind, sondern teilweise auch unter starken Schmerzen leiden.
Diskutieren Sie mit
Wenn Sie Fragen zum Thema haben oder von Ihren Erfahrungen erzählen wollen, dann rufen Sie während der Sendung unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 22 6979 an, oder posten Sie hier.
- Haben Sie schon Erfahrungen mit der Behandlung eines Lymphödems gemacht?
- Wie lange hat es gedauert bis es zur Diagnose: Lymphödem kam?
- Haben Sie schon einmal an einer Erkrankung des Lymphgefäßsystem gelitten?
- Was raten Sie Betroffenen?
Mehr zum Thema "Lymphe" in der Online-Infomappe
Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung nach Ende der Live-Ausstrahlung im Download-Bereich herunterladen.