Ein Überblick von den Anfängen bis zur Gegenwart
Keine "Landeier"
Sie lacht, weint, geht ans Herz, beeinflusst andere Musikrichtungen und lässt sich beeinflussen, sie besticht durch Ehrlichkeit und fasziniert durch Aktualität: alles Attribute einer lebenden, zeitgenössischen Musik. Daher ist ihre Popularität bis heute ungebrochen.
8. April 2017, 21:58
B. J. Shaver: "That's Why The Man In Black Sings The Blues"
Von vielen wird Country Music immer noch fälschlich als "Western bezeichnet, verbunden mit Vorstellungen von Lagerfeuerromantik, Pferden, singenden Geigen und klimpernden Banjos. Weit gefehlt!
"Western sind Songs aus Filmen und damit eine ganz andere Stilrichtung. Country Music dagegen besticht durch ihre Ehrlichkeit (so Kris Kristofferson und Waylon Jennings), durch Themen, die sich mit aus dem normalen Leben gegriffenen Episoden beschäftigen, und damit durch ihre Aktualität. Wie aktuell, hören Sie im oben angeführten Audiofile-Ausschnitt.
Country Music ist Unterhaltung
Sie ist nach wie vor lebendig und auch in Österreich populär, hat sie doch eine ganze Reihe von Welthits hervorgebracht, die auch immer wieder gerne von allen Radiosendern in diversen Programmen eingebaut werden. Oft genug geschieht dies jedoch unbewusst. Warum? Country Music hat es geschafft, trotz in letzter Zeit immer öfter als bisher anklingender kritischer Töne tolle Melodien zu bieten. Denn die Primärfunktion der Musik unseres Kulturkreises ist doch nach wie vor die Unterhaltung!
Nomen est omen
Sie ist "die Musik des armen Mannes, meinte einmal jemand vor langer Zeit. Country-Legende Hank Williams drückte es dann in weiterer Folge mit diesen Worten aus: "Country Music ist der Blues des weißen Mannes! Gerade Elvis Presley schaffte dann die Symbiose von Country und der bluesigen Musik der farbigen Mitmenschen.
"Country, das heißt "Land, doch durch das in den USA ebenso wie in Europa bestehende Phänomen der Landflucht wurde Country Music auch in den Städten bekannt, überraschenderweise speziell bei der Jugend auf Colleges in den USA. Später dann - u. a. von den GIs in der ganzen Welt verbreitet - erreichte sie langsam Salonfähigkeit. Die auch für die Industrie potenten Liebhaber dieser Musikrichtung sitzen daher des öfteren in gehobenen beruflichen Positionen.
"Hillbillies" aus den Appalachian Mountains
Ursprünglich, etwa um das Jahr 1920, wurden Country Songs - die damalige Bezeichnung "Hillbillies" - von den Bewohnern des Appalachen-Gebietes im Osten Nordamerikas interpretiert. Auch Einwanderer aus Schweden, Deutschland und vornehmlich aus Schottland und Irland vermischten ihre Musik mit der amerikanischen Folk Music und den Hillbilly-Songs.
Die ersten Stars gab es dann einige Jahre später: Vernon Dalhart (1924), Jimmie Rodgers und die Carter Family (1927). Auch sie kamen aus ärmlichsten Verhältnissen (so wie gleichfalls heutzutage etwa eine Shania Twain), und sie sprachen die Sprache der einfachen Bevölkerung.
Die "Grand Ole Opry" in Nashville/Tennessee
Eine clevere Plattenindustrie erkannte bald dieses reichhaltige Potential. 1925 sponserte eine Versicherungsgesellschaft eine Radiosendung auf WSM in Nashville, in der ein 88-jähriger Fiddler nach Hörerwünschen Hillbillies spielte. Damit war die "Grand Ole Opry gegründet - jene Einrichtung mit Live-Shows, die als älteste Radiosendung der Rundfunkgeschichte bereits ihr 80-jähriges Bestehen feiern kann. Sie hat mit dazu beigetragen, Country Music zu einer Musik zu machen, die heute in der westlichen Hemisphäre nicht mehr wegzudenken ist.
Gegenwärtig sollen aus den Studios in Nashville ca. 50 Prozent aller Tonträger inklusive Pop und anderer Musikrichtungen kommen. Viele bekannte Stars wie u. a. Bob Dylan, Joan Baez, George Harrison, Ray Charles und Tina Turner schätzten die Zusammenarbeit mit den vielseitigen Nashville-Musikern. Ja, sogar die Beatles gaben zu, von dieser Musik beeinflusst worden zu sein.
The man in black - Johnny Cash
1956 erschien einer der wohl in Europa bekanntesten Sänger in der Country-Music-Szene und half mit, dass diese Musikrichtung nicht zuletzt auch die Pop-Musik entscheidend beeinflusst hat. Als Sohn eines Baumwollfarmers sang er über die alltäglichen Probleme seiner Mitmenschen, über seine Umgebung und über seine Heimat, aber auch über soziale Missstände, über Umweltprobleme, Strafvollzug, die Indianerfrage und gegen den Krieg. Sein Name: Johnny Cash.
"The man in black" - wie er genannt wurde, weil er stets schwarz gekleidet war - nahm mehr als 1.500 Lieder auf, die auf ca. 500 Alben zu finden sind. Cash zählt auch zu den wenigen in der Musikgeschichte, die mehr als 50 Millionen Platten verkauften. Trotz seines Todes vor zwei Jahren gilt er nach wie vor als der King of Country Music.
Country Music heute
Natürlich war und ist die Country Music kommerziell ausgerichtet - auch Schubert, Verdi oder Falco wollten mit ihrer Musik ihren Lebensunterhalt bestreiten. Die heutigen Stars machen aber keineswegs nur noch Country Music im althergebrachten Stil. Heute umfasst sie triviale Schnulzen ebenso wie kritische Lieder, wird vom Klang der Steel-Guitar ebenso charakterisiert wie von harten Rock-Klängen.
Neben den bekannten Country-Größen wie Willie Nelson, Merle Haggard und Liedermachern wie Hal Bynum sind die heutigen Stars junge Burschen wie Brad Paisley, Keith Urban, Kenny Chesney, Pat Green oder Blaine Larsen, während die Country-Ladies wie Models aussehen, allen voran Shania Twain, sowie Carolyn Dawn Johnson und Shannon Brown, um nur einige zu nennen.
Natürlich gibt es wie in jeder Musikrichtung "Wegwerflieder, in denen sich noch immer Schmerz auf Herz reimt, doch bleibt es jedem selbst überlassen, sich das aus der Vielfalt der verschiedenen Stilrichtungen in der Country Music herauszusuchen, was ihm gefällt. Denn es gibt keine gute und keine schlechte Musik, sondern eben nur Musik, die gefällt oder nicht gefällt. Und Gefallen an der Country Music mit ihren schönen Melodien und tollen Texten findet man allemal!
Mehr Informationen zur Sendung in Ö1 Programm
CD-Tipp
Billy Joe Shaver, "Thats Why the Man in Black Sings the Blues, Compadre Records, Nr. 6-16892-51502
Links
Johnny Cash
Blaine Larsen
Shannon Brown
Hal Bynum
CMI - Country Music Information