Gestalterisch und mit Material arbeiten
Gerald Priewasser, raum&design
Er war zwar an Technik interessiert, aber er wollte auch gestalterisch tätig sein: Gerald Priewasser, Absolvent der Studienrichtung "raum&designstrategien" an der Kunst-Uni Linz. Sein Projekt "fußball relativ" für Leonding zählte zu den "Bestoff 03"-Arbeiten.
27. April 2017, 15:40
"Eigentlich war ich orientierungslos auf der Suche nach meinem Bildungsweg. Ich habe von klein auf immer gezeichnet und mich im weitesten Sinn künstlerisch betätigt. Ich war zwar technisch interessiert, aber eine rein technische Ausbildung war mir zu rationell. Denn da fehlte die Freiheit, mich gestalterisch zu betätigen. So habe ich dann nach der Höheren technischen Bundeslehranstalt in Braunau an die HTL für bildnerische Gestaltung in Graz gewechselt. Und dort fiel die Entscheidung nach dem Turnusjahr auf Grafik Design. Aber die Grafik war mir zu zweidimensional, denn ich wollte wieder mehr mit den Händen schaffen. So habe ich mich schließlich für die frühere "Meisterklasse Metall" bei Helmuth Gsöllpointner entschieden", schildert Gerald Priewasser, gebürtiger Oberösterreicher, Jahrgang 1976, der kürzlich sein Studium an der Kunstuniversität Linz abgeschlossen hat, seinen Werdegang.
Nach der Emeritierung von Professor Gsöllpointner wurde die Meisterklasse in die Studienrichtung "raum& designstrategien", die nun von Elsa Prochazka geleitet wird, umbenannt. "Es ist eine interdisziplinäre Studienrichtung, wo mit Material gearbeitet wird und man auch Grafik und Gestaltung am Computer erlernt. Sie liegt an der Schnittstelle zwischen Raum, Architektur und Design. Ein strenges Berufsbild gibt es hier nicht. Es muss einem also klar sein, dass man mit dieser Ausbildung keinen fertigen Beruf hat und sich selbst noch weiterbilden und auf dem Markt umsehen muss", stellt der junge Magister artis fest.
Zukunft als Freelancer
Im Wintersemester 2003/04 absolvierte Priewasser noch ein Austauschsemester an der "Hochschule für Gestaltung und Kunst" in Zürich im erst seit kurzem bestehenden Bereich Scenographical-Design in der Klasse von Hansuli Matter und Christoph Allenspach. Dabei steht der szenografische Raum - sei er real, virtuell, urban, kommerziell, museal oder theatral - im Zentrum.
Und wie geht es nun weiter? "Wahrscheinlich werde ich im Freelancer-Bereich bleiben. Derzeit gibt es noch nichts Konkretes. Also werde ich mich bei Architekturbüros bewerben, die im Wettbewerbsbereich tätig sind. Allerdings ist dieses Gebiet nicht sehr groß", sagt der junge Absolvent, der während des Studiums u.a. bei der Linzer Künstlergruppe "Time's up" sowie als Fotoassistent bei Dietmar Tollerian gearbeitet hat.
Ausstellungen & Projekte
Beteiligt war Gerald Priewasser im Rahmen seiner Ausbildung bei mehreren Ausstellungen wie u.a. "Auf-zug", "Störkörper Wespennest" oder "Helene - 3 Abende am Schiff".
Weiters wirkte er an den Projekten "Im Brennpunkt" für die "Erlebniswelt Villa Sinnenreich" in Rohrbach sowie an "Neuland B139", ebenfalls einer Gruppenarbeit, im Rahmen der "leonart 03", die auch realisiert wurde, mit.
"Fußball - relativ"
"Dieses Projekt ist ebenfalls im Rahmen der 'leonart 03', wo in Leonding mit diesem Kunstfestival eine Drehscheibe für neuartige Konzepte und Denkansätze zum Thema Architektur im öffentlichen Raum geschaffen wurde, entstanden. Mein Plan war, bei der Einkaufsmeile in Leonding, wo die B 139 vorbeiführt, eine Intervention im öffentlichen Raum durchzuführen", erklärt Priewasser.
"Und zwar sollte auf einem Grünstreifen, der 800 Meter lang und drei Meter breit ist, das markante Erscheinungsbild eines Standard-Fußballfeldes mit den Maßen 70 mal 105 Meter auf die Proportion des Mittelstreifens eingepasst werden. Die Höhe der Tore wurde aus Identifikationsgründen belassen. Anhand der Relativitätstheorie wurde die Geschwindigkeit berechnet, mit welcher man das Fußballfeld in seinen ursprünglichen Proportionen wahrnehmen könnte. Die Idee war, die Geschwindigkeit der links und rechts fahrenden Autos so zu steigern, dass man das Fußballfeld wieder normal wahrnimmt", schildert Priewasser sein Projekt, das im Rahmen der "bestoff 03"-Arbeiten der Kunst-Uni auch im Linzer "OK Centrum" zu sehen war.
"BEeHOUSE" als Magisterarbeit
"Der Name bedeutet im Englischen Bienenhaus. Aber in meiner Schreibweise heißt es "Sei Haus". Dieses Projekt ist in meinem Heimatort entstanden und zwar auf einem Grundstück, das seit über 20 Jahren leer steht und wo sich einst eine Imkerei befand. Ich hatte die Idee, dieses Objekt für meinen Onkel, der derzeit noch in Uganda lebt, in eine temporäre Sommer-Residenz umzubauen", erklärt Gerald Priewasser seinen Ansatz.
"Die hier befindlichen 32 Bienenstöcke sind bereits ein Tool-System, das man als Möbel nutzen kann. Die Sachen sind genormt auf 48 mal 48 Zentimeter - die normale Sitzhöhe sind 40 Zentimeter - also ist mit diesen Maßen noch komfortables Sitzen möglich. Die restlichen Wohn-Elemente habe ich in Metall ausgeführt und in Schubladen gegeben. Sie können durch die früheren Einflugschneisen der Bienen ein- und ausgezogen werden. Für die Lichtversorgung, zum Kochen und Heizen habe ich Gasflaschen installiert. Eine Wasserquelle fließt direkt vor dem Haus, die zur nötigen Wasserversorgung genutzt werden kann. Damit habe ich ein autonomes System geschaffen. Und das Objekt wirkt nach wie vor wie eine Bienenhütte", so Priewasser über sein realisiertes Projekt.
Raumbezogenes Arbeiten als Wunsch
Und wie sehen die Zukunftswünsche von Gerald Priewasser, der vor kurzem Vater wurde und es mit seiner Partnerin schaffen will, seinem Sohn doch eine gewisse Sicherheit bieten zu können, aus?
"Ich möchte im Bereich Architektur Fuß fassen - also raumbezogenes Arbeiten, weniger Design. Ideal wäre ein öffentlicher Auftraggeber mit einem Projekt. Oder ein Architekturbüro, das Leute für Konzepte sucht und wo ich einen dementsprechenden Freiraum hätte, mich zu entfalten und nicht zu sehr an Konventionen gebunden zu sein. Die finanzielle Situation ist natürlich der Druck, der die Kreativität einengt."