Chabrol locker und leicht
Die Brautjungfer
Mit der Ruth-Rendell-Verfilmung "Die Brautjungfer" legt Frankreichs Regie-Altmeister Claude Chabrol seinen bereits 60. Film vor. Diese Woche kommt der Psychothriller um eine verstörte junge Frau bei uns ins Kino.
8. April 2017, 21:58
Vor zehn Jahren, im Film "Biester", der ebenfalls nach einem Thriller der Britin Ruth Rendell ("Urteil in Stein") entstanden war, erwies sich eine analphabetische Dienerin als soziopathische Mörderin. Jetzt, in der "Brautjungfer", geht es um eine unauffällige Hochzeitsassistentin, an der ihrem späteren Geliebten anfangs nur ihr Name auffällt. Das Mädchen heißt, ganz wie im "Fliegenden Holländer", Senta. Aber heißt sie wirklich so? Je näher der Held des Films seine Geliebte kennen lernt, desto mehr Geheimnisse scheinen sie zu umgeben. Bis die unbekannte Schöne zuletzt einen Liebesbeweis einfordert: Ihr Partner müsse für sie jemanden töten.
Gier in der Provinz
Chabrol hat Rendells Geschichte aus England in die französische Provinz verlegt, und die zeigt er mit dem scharfen Blick für soziale Schräglagen, der sein gesamtes Werk auszeichnet. Materielles regiert, und mitunter scheint es, als sei Chabrol die Gier seines bürgerlichen Personals deutlich widerlicher als der Liebeswahn seiner verwirrten Heldin. Der bringt schließlich auch bei ihrem Freund scheinbar sichere moralische Gewissheiten durcheinander: Als zuletzt die Polizei eintrifft, hat der "süße Wahn", um einen Buchtitel der thematisch nahe liegenden Patricia Highsmith zu zitieren, längst um sich gegriffen.
Souveräne Lässigkeit
Chabrol inszeniert das Ganze einmal mehr mit souveräner Lässigkeit. Der 74-Jährige braucht niemandem mehr etwas zu beweisen, ein paar unauffällige Kamerafahrten durch verlassene Wohnräume genügen, um Unfassliches anzudeuten. Eine "Kunst der Beiläufigkeit, die die Geschichten zum Schweben bringt", rühmt die "Süddeutsche Zeitung" diesen Film, und das "Profil" findet, im Alter werde Chabrol "immer spielerischer". Bei unauffälligen Bravourstücken wie dieser "Brautjungfer" lässt man es sich gern gefallen.
Die Brautjungfer
La demoiselle d'honneur, F, 2004
Mit: Benoit Magimel, Laura Smet, Aurore Clément
Drehbuch und Regie: Claude Chabrol
Hör-Tipps
In den "Radiogeschichten" am Mittwoch, dem 16. Februar, um 11:40 Uhr sind Auszüge aus Ruth Rendells Erzählung "Ein dunkelblaues Parfum" zu hören.
"Die Hörspiel-Galerie" am Samstag, dem 19. Februar, um 14:00 Uhr bringt "Blutschrift" von Ruth Rendell, mit Susanne Lothar, Reiner Heise, Thomas Gerber u.a.