Hellwach: Ani DiFranco

Die wache Ani & Dornröschen Rufus

Ani DiFranco legt ihr neues Album "Knuckle Down" vor - vielseitig und ausdrucksstark wie gewohnt, nur manchen Fans zu wenig "Ani" - während Rufus Wainwright auf seiner aktuellen CD "Want Two" im tiefen, tiefen Märchenwald umherirrt.

Ani DiFranco: "Knuckle Down"

Sie steht im Ruf eines Selfmade-(Anti-)Stars, der sich von der Plattenindustrie nichts sagen lässt. Ani DiFranco bringt ihre CDs auf ihrem eigenen Label heraus: von Anfängen im klassischen Gitarre-&-Stimme-Folk-Rock vor 15 Jahren bis zur Zusammenarbeit mit Prince und Maceo Parker. Seit 1990 jährlich ein Album, das jüngste erscheint am 7. Februar.

"Hört zu, ich habe euch etwas Wichtiges zu sagen", scheinen die Songs Ani DiFrancos zu sagen. Sie wenden sich vor allem an Frauen, wie die Liedermacherin in Interviews sagt: mit sehr persönlichen, direkten Geschichten aus dem Alltag. Ihre Texte handeln (unter anderem) von eigenen Erlebnissen, vor allem in Beziehungen; von Demütigungen und Selbstbehauptung, in dichte, oft atemlos wirkende Song-Erzählungen gepackt. So auch auf dem aktuellen Album "Knuckle down". Etwas anpacken, sich hineinknien bedeutet der Titel auf Deutsch, und an der entsprechenden Energie fehlt es auch dieser CD nicht.

Es ist das erste Album, für das sich DiFranco einen Koproduzenten holte, den Singer-Songwriter Joe Henry. Auch er ist als individualistischer Einzelgänger bekannt. Das Ergebnis hat bereits großes Lob, aber auch Kritik provoziert: Über so ein Album könnten zwar viele andere Musiker froh sein, schreiben Fans, Ani DiFranco aber bleibe hinter ihren kreativen Möglichkeiten zurück.

Ein strenges Urteil mit vielleicht einem Körnchen Wahrheit. Um beim Musikalischen zu bleiben: Der (für diesen Rezensenten) Höhepunkt des Albums ist ein sechsminütiger Sprechgesang, bei dem man auf einmal gebannt zuhört: Weil Ani DiFranco ruhig erzählt, nur sparsam mit Instrumenten unterlegt, entsteht hier Intensität, die an anderen Stellen des Albums mit (zu) viel Druck erzeugt werden soll.

Rufus Wainwright im Märchenwald

Im Kratzen eines Cellos (oder ist es eine Geige) zu Beginn mag man die verrosteten Angeln einer alten Tür knarren hören - wir betreten Dornröschens Schloss. Rufus Wainwrights aktuelles Album "Want Two" ist das bisher versponnenste des kanadischen Singer-Songwriters (und Sohn von Loudon Wainwright III.). Der Gang durch sein akustisches Phantasiereich beginnt mit einem sphärisch entrückten Gebet ("Agnus Dei") und nimmt uns dann durch einen bunten Bilderreigen, eine Reise durch mehr oder weniger nachvollziehbare Imaginationen. Zum Teil ganz schön narzisstisch, aber musikalisch reizvoll.

Von seinem Landsmann - und in gewisser Weise Vorbild - Leonard Cohen hat Rufus Wainwright den Tipp bekommen, seine Stimme mehr in den Vordergrund zu stellen. Der Rat wurde befolgt, das ist auf "Want Two" deutlich zu hören - und es tut dem Album gut, auch wenn es seinen egozentrischen Charakter unterstreicht.

Water Music, frei nach T. C. Boyle

T. C. Boyles Kultbuch "Water Music" inspirierte drei Musiker zu einer Klangreise in weite Ferne. Auf den Spuren des schottischen Arztes Mungo Park suchen der ebenfalls schottische Saxofonist, Flötist und Klarinettist Colin Dunwoodie, der deutsche Bassist und Singende-Säge-Spieler Frank Willi Schmidt und der Perkussionist Günter Bozem nach den Quellen des Nil. Motto: Mitten auf dem Wasser ist der Durst am größten.

Wie oft bei Filmmusik, steht auch dieser "Soundtrack" zwischen verschiedenen musikalischen Genres: Stellenweise klingt (Free) Jazz an, doch meistens bleibt's geordneter und gefälliger. Zum Glück entgeht das Trio aber weitgehend der Versuchung einer platten Übersetzung des Romans in Programmmusik, so dass man sich beim Hören seinen eigenen Film drehen kann.

CD-Tipps
Ani DiFranco, "Knuckle Down”, Righteous Babe Records RBR 042

Rufus Wainwright, Want Two", Geffen Records UPC 602498645871

"Water Music", Dadoua Records DAD 008, im Vertrieb von Indigo

Hör-Tipp
Ani DiFrancos neues Album "Knuckle Down" wird auf Ö1 vorgestellt, und zwar am Samstag, 5. Februar, ab 17:05 Uhr in "Diagonal", und am Montag, 7. Februar, in den "Spielräumen", 17:30 bis 17:55 Uhr.

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