Farbenfroh im 21. Jahrhundert

Lukas Ligeti

Der gebürtiger Wiener und Wahl-New Yorker Lukas Ligeti möchte als Musiker und Komponist neue Farben in die Neue Musikszene zaubern. Als Komponist ist er ein Spätberufener. Neu erschienen ist seine CD "Mystery System".

Lukas Ligeti, "Independence", "Mystery System"

"Neue Musik muss nicht trocken sein. Ich denke in starken Farben und lebendigen Landschaften. Das Grau-in-Grau vieler zeitgenössischer Musik lehne ich ab", postuliert Lukas Ligeti. Der Sohn des weltberühmten Komponisten György Ligeti ist in Fußstapfen seines Vaters getreten. Er hat aber eine etwas unübliche Auffassung seiner Berufung. Er versteht sich als "Entertainer". "Wenn ich Menschen (mit meiner Musik, Anm. d. A.) zum Denken anrege, dann habe ich sie auch schon unterhalten - ob sie es wollen oder nicht."

Spätzünder
Der heute 39-jährige Künstler hat relativ spät seine Liebe zur Musik entdeckt. Obwohl er bereits als Kind ständig innerlich Musik gehört habe, sah es zunächst gar nicht nach einer Komponistenkarriere aus. Als Achtjähriger hatte er zwar ein paar Klavierstunden erhalten. Doch mit der Erkenntnis, dass "Noten lesen" ein Ding der Unmöglichkeit sei, wurde dieses Kapitel sehr rasch wieder geschlossen. Erst nach der Matura wandte sich Lukas Ligeti der Musik zu. Er lernte Jazzschlagzeug an der "Wiener Musikuniversität". Parallel dazu studierte Komposition bei Erich Urbanner.

Afrikanische Rhythmen

Anstoß zu seiner Weite4rentwicklung zum Komponisten gab ihm die Beschäftigung mit afrikanischer Musik. Diese hatte ja schon Jahrzehnte zuvor, z. B. seinen Vater oder Steve Reich wertvolle kompositorische Impulse geschenkt. Nach Beendigung seiner Studiums konnte Lukas Ligeti seine Erfahrungen mit afrikanischer Musik im Rahmen von Kulturaustauschprojekten vertiefen. Gemeinsam mit traditionellen afrikanischen MusikerInnen realisierte er eine Reihe von Improvisations- und Kompositionsprojekten.

Wahl-New Yorker
Ein weiterer Kulturraum hat die künstlerische Arbeit von Lukas Ligeti mitgeprägt: die USA. Mitte der 90ger Jahre hatte der gebürtige Wiener zunächst in Standford studiert. Seit 1998 lebt er in New York. "Ich fühle mich dort ausgesprochen zu Hause und bereits auch in der dortigen Musikszene verwurzelt." Die New Yorker Downtown-Szene, mit Figuren wie John Zorn empfinde er als einen großen Einfluss, ja sogar wie eine Art musikalische Heimat. Keine Frage, dass Lukas Ligeti auch mit Künstlern aus den Staaten zusammengearbeitet hat, also z. B. Henry Kaiser oder Elliott Sharp.

Was Lukas Ligeti unter anderem an der New Yorker Downtown-Szene begeistert, ist deren Haltung gegenüber unterschiedlichen Musikstilen und Formen des Musik Machens. Improvisation und Komposition, Musik aus verschiedenen Regionen der Welt oder auch U- und E-Musik stehen gleichberechtigt neben einander. Aus der Kombination all dieser Möglichkeiten soll etwas Neues entstehen.

Auf der Suche nach Neuem
"Für mich ist es eben das größte Vergnügen, etwas Neues zu entdecken." Die Feststellung, dass seiner Musik dennoch bisweilen etwas Eklektisches anhaftet, bekümmert ihn wenig. "In einer noch älteren Generation ist Eklektizismus ein Tabu, aber nicht in meiner. Und 'Reinheit' und Purismus kümmern mich wenig."

Lukas Ligeti möchte durch einen neuartigen Umgang mit Harmonik und Stimmungssystemen eine originäre Musiksprache kreieren. Aber auch im rhythmischen Bereich will er mit Althergebrachtem aufräumen: "Die meiste Musik, die heute gemacht wird, scheint mir einer ‘Tyrannei des Grooves’ zum Opfer zu fallen. Je nachdem, mit welcher ästhetischen Clique man es zu tun hat, muss Musik entweder ein beständiges, sich wiederholendes Rhythmusmuster haben, oder aber ein solches darf keinesfalls vorhanden sein. Ich versuche mit meiner Musik gegen diese Tyrannei anzukämpfen."

Hör-Tipp
"Zeit-Ton", 10. Jänner 2005, 23:05 Uhr, Lukas Ligeti mit der aktuellen Tzadik-CD "Mystery System"

CD-Tipp
"Mystery System", TZ 7099
Kammermusik von Lukas Ligeti

Links
Lukas Ligeti
Tzadik
Lotus Records