Kabarett-Legende Gerhard Bronner

Rückblicke und Aufbrüche

Auszeichnungen für sein Lebenswerk haben Kabarett-Legende Gerhard Bronner, noch nie von seinen künstlerischen Aktivitäten abgehalten. Bereits für kommendes Jahr plant er, sein ehemaliges Theater am Kärntnertor zu öffnen und mit politischem Kabarett zu versorgen.

Ausschnitt aus "Brettl vor'm Kopf"

"Brettl vorm Kopf“ - so hieß jenes legendäre Kabarettprogramm, an dem u. a. Gerhard Bronner, Carl Merz, Helmut Qualtinger, Michael Kehlmann und Susi Nicoletti mitgewirkt haben. Im vergangenen Herbst tauchte der Sendungsmitschnitt dieser Aufzeichnung in den bayerischen Rundfunk-Archiven wieder auf, und seit kurzem gibt es die frühe Radio-Variante des Programms "Brettl vorm Kopf“ auch auf Tonträger, natürlich mit einigen Klassikern von Kabarett-Legende Gerhard Bronner.

Mit Ehrenpreisen und Auszeichnungen überhäuft

Im kommenden Februar wird der Mitbegründer des Wiener Nachkriegskabaretts in Mainz in der Sparte Chanson mit dem Ehrenpreis zum deutschen Kleinkunstpreis geehrt. Doch Auszeichnungen haben den heute 82-jährigen Musiker noch nie von seinen umfassenden künstlerischen Aktivitäten abgehalten; einen seiner zahlreichen Orden hebt er allerdings hervor:

"Richtig stolz bin ich auf einen Preis, den ich von Hans Weigel einmal bekommen habe. Er verlieh den "Maria-Theresien-Orden für anti-österreichische Umtriebe". Davon hat es nur zehn Stück gegeben, und unter den Preisträgern waren Menschen wie Humbert Fink und Jörg Mauthe ...“

Bronner-Song mit Susi Nicoletti

Kaum wurde seine Nominierung für den Ehrenpreis im Mainzer Unterhaus bekannt gegeben, tauchte im wahrsten Sinne des Wortes ein Stück Kabarettgeschichte aus dem Fundus der Vergangenheit auf. Lieder und Conferencen aus dem Programm "Brettl vorm Kopf“, die im Jahr 1953 auch das deutsche Publikum unterhalten sollten, gab es plötzlich zum Nachhören. Für Gerhard Bronner war das in unterschiedlichster Hinsicht eine Begegnung mit einer längst vergangenen Zeit. Immerhin stieß er auf Chansons aus seiner Feder, an deren Entstehen er sich selbst nicht mehr erinnern konnte. Und die Zeiten, als Susi Nicoletti noch seine Lieder interpretierte, gehören mittlerweile einer anderen Epoche an:

"Da kann man nicht abgebrüht sein, wenn ich Susi Nicoletti eine Nummer von mir singen höre, die ich vor mehr als 50 Jahren geschrieben habe. Ich glaube, das ist für jeden interessant, der sich mit Kabarettgeschichte beschäftigt“.

Vor allem war es damals der jugendliche Elan der Gruppe, den Gerhard Bronner bei der akustischen Wiederbegegnung der Radioversion des Programms "Brettl vorm Kopf“ höchst erfrischend fand: "Wir hätten damals nichts besser machen können“, sagt der Künstler, der sich Zeit seines humoristischen Schaffens immer mehr in der Rolle des Musikers, denn der des Kabarettisten sieht.

Der g'schupfte Ferdl

Zu den Klassikern aus seinem Repertoire gehört mit Sicherheit "Der g’schupfte Ferdl“ - die Beschreibung einer Tanzstunde für "Fortgeschrittene der besonderen Art" in der Wiener Vorstadt der frühen 50er Jahre. Und auf der neuen CD kann man dieses Lied in einer sehr frühen Interpretation aus dem Jahr 1953 nachhören.

"Die erste aufgenommene Fassung von dem Lied musste eingestampft werden, weil Karoline Dumser von der Tanzschule damals auf Rufschädigung klagte. Die zweite Auflage wurde eine Bestsellerversion - da haben wir in wenigen Wochen 100.000 Schellacks verkauft. Das konnten wir alle kaum glauben, am wenigsten der Plattenproduzent. Ich habe die Aufnahme ja damals selbst bezahlt, weil der Plattenproduzent sich weigerte, dafür Geld auszugeben. Und er hat sich bis zu seinem Lebensende darüber geärgert, weil ich deswegen mehr Tantiemen bekommen habe...“

Treffende Milieu-Charakterisierungen, präzise Pointen und ansprechende Melodien - das sind die Ingredienzien, die Gerhard Bronner für seine Kabarett-Chansons zu verwenden pflegte.

Projekte für 2005

Das Jahr 2005 ist für Gerhard Bronner so gut wie verplant. Zuletzt war der Musiker und Autor mit seiner Biographie "Spiegel vor'm Gesicht" in Deutschland unterwegs; weitere Tourneen sind für kommendes Jahr geplant. Viel Zeit dafür wird ihm aber wohl nicht bleiben. Neben einem Duo mit Elfriede Ott und einem neuen Kabarettprogramm im kommenden Herbst hat er bereits für Ende Jänner ein ehrgeiziges Projekt geplant.

"Was wir schon alles überstanden haben“ ist der Titel einer Revue, die dem Gedenken an 60 Jahre Republik gewidmet sein wird. In seiner kabarettistisch-historischen Revue wird Bronner nicht nur selbst im Rampenlicht stehen, auch Filmeinspielungen und ein kleines Ensemble sollen ihm bei der Aufarbeitung der vergangenen 60 Jahre zu Seite stehen.

Eine Spielstätte für das neue Programm wurde auch schon gefunden. Das ehemalige Theater am Kärntnertor soll Ende Jänner, Anfang Februar 2005 unter Leitung von Anita Ammersfeld neu eröffnet und von seinem ehemaligen Prinzipal eingeweiht werden.

"Contra"-Tipp

Vergangene Woche präsentierte Andreas Vitasek seine Werkschau namens "Eine Nacht im Ronacher“. Ein Abend für alle Vitasek-Fans und die, die es noch werden wollen. Mit viel Bedacht auf eine ausgewogene Mischung aus Humor und Poesie versammelte der Kabarettist einige seiner bemerkenswertesten Nummern im Rahmen eines Gala-Abends, der von 21. bis 23. und von 27. bis 31. Dezember im Ronacher in Wien zu sehen sein wird. Am Silvesterabend haben sie gleich dreimal die Gelegenheit, Andreas Vitasek beim Spiel mit seinen liebsten Kabarettgeschichten zu erleben. Da wird er seine Nacht im Ronacher um 16:00, um 19:00 und um 22:30 präsentieren: Silvester in Wien.

Links
Agentur Hoanzl
kabarett.cc
Kabarettarchiv - Biografie Gerhard Bronner
Preiser Records