Schläft der Löwe heute Nacht?

Makeba online

Eine Künstlerin, die zum Fanal der Demokratie und zum Signal der Freiheit in ihrem Land wurde ist Miriam Makeba. Sie ist die singende Botschafterin ihres Landes Südafrika. In Österreich trat sie zuletzt beim “Salzburger Jazzherbst“ am 5. November auf.

CD-Ausschnitt "The Lion sleeps tonight"

Miriam Makeba, die singende Botschafterin Südafrikas, wie sie genannt wird, ist 72 Jahre alt. Ihr Aussehen lässt bei weitem nicht auf ihr Alter schließen. Sie scheint wesentlich jünger zu sein. Doch in ihren Konzertauftritten - letztens beim Salzburger Jazzherbst - macht sie deutlich, dass es an der Zeit ist, die Bühne jüngeren zu überlassen, und präsentiert immer öfter ihre Enkelin Zenzi Lee als Nachfolgerin.

Tief verwurzelt in afrikanischer Erde

1932 wurde Miriam Makeba in Johannesburg in Südafrika geboren. In den 50er Jahren wurde sie als Sängerin international bekannt - und am Höhepunkt ihrer Karriere, 1960, ausgebürgert. Sie fand ein Exil in Guinea, und wurde Botschafterin für dieses Land bei der UNO. 1991 - nach dem Fall der Apartheid - kehrte Makeba in ihre Heimat zurück. Nach 30 Jahren der Verbannung engagiert sich die Sängerin für die Integration aller Völker Südafrikas. Diese Kurzfassung der Biographie kann kaum das Schicksal dieser kämpferischen Frau wiedergeben, soll nur Erinnerungen wecken, die in den Liedern Makebas anklingen.

"M'Bube - The Lion Sleeps Tonight"

Ein Lied, das Miriam Makeba international bekannt gemacht hat, ist "M'Bube - The Lion Sleeps Tonight“. Es ist ein Lied, mit dem die Aufmerksamkeit geweckt werden soll, die Gewaltsamkeit aufzudecken, welche in jedem System immanent ist, die uns tödlich verletzen kann.

Makeba nutzte ihre internationale Popularität, um die Willkür und Perversionen des Apartheid-Regimes in Südafrika anzuprangern. 1963 hielt sie ihre erste Rede vor der UNO. Da sie zum Boykott auffordert, werden ihre Platten in Südafrika verboten.

Als erste afrikanische Künstlerin erhielt die Künstlerin 1965 einen Grammy für das Album "An Evening With Miriam Makeba And Harry Belafonte“. Wegen ihrer Heirat mit Stokeley Carmichael, dem Leiter der Black Panther Party, wurde sie ständig beschattet. Schlimmer noch waren die ökonomischen Repressalien, denn die amerikanischen Platten-Produzenten kündigten ihre Verträge.

Makebas afrikanisches Exil

Der Aufenthalt in den USA wurde für Miriam Makeba unerträglich. Sekou Touré, das Staatsoberhaupt Guineas, bietet ihr Exil an. Die von ihr geführte "Sambesi“-Disco wird bald zur Touristenattraktion in Conakry. Kuba verleiht ihr die Staatsbürgerschaft. Sie erhält auch einen französischen Pass, der ihr Reisen in alle Länder erlaubt. Doch Makeba liebt das Reisen nicht, begibt sich widerstrebend auf Besuche in die westlichen Metropolen, um Sympathie für ihren Kampf gegen das Apartheid-Regime in Südafrika zu erwirken.

Guinea wurde eindeutig zur neuen Heimat ihrer Familie mit ihrer Tochter Bongi und zwei Enkelkindern. Bongi wurde zu einer bekannten Sängerin der populären Musik in Afrika, obwohl sie sich nicht gängigen musikalischen Klischees anpasste und sich am aktuellen Jazz orientierte.

Der Tod von Bongi, die mit 34 Jahren verstarb, war der Antrieb für Miriam Makeba, erneut ihre Musik in den Dienst des politischen Kampfes zu stellen. Immer wieder erzählt sie heute, auch in den Konzerten selbst, von ihrer Tochter und deren Vision einer Union aller Völker Afrikas.

Die Rhythmen des neuen Afrika

Als 1990 das Apartheid-Regime in Südafrika gestürzt wird, erhält Miriam Makeba die Einladung von Präsident Nelson Mandela, in ihre Heimat zurückzukehren, um mit ihren Mitteln am Aufbau der Demokratie in Südafrika mitzuwirken. Bei ihrer Ankunft, bei der sie triumphal gefeiert wird, erinnert sie sich daran, dass Nelson Mandela, dem sie am Anfang ihrer Karriere begegnet war, ihr damals versichert habe, dass aus ihr etwas ganz Besonderes werden würde und dass sie eine wichtige Aufgabe in einem einst freien Südafrika zu erfüllen habe.

Einen wichtigen Aspekt sieht Makeba in ihrer Arbeit, als Sängerin weltweit für die Probleme in ihrer Heimat Aufmerksamkeit zu erregen. Darüber hinaus will sie mit Songs wie "Pata Pata“ auch an die kulturelle Blüte der 50er Jahre erinnern, die in den Townships, etwa Soweto, stattgefunden hat, als erstmals eine kulturelle Identität der Schwarzen entstanden ist, die vor allem durch das schwarze Lifestyle-Magazin "Drum“ dokumentiert wurde.

Der "Nobel-Preis für Musik"

Im Juni 2002 wurde Miriam Makeba vom schwedischen König der "Polar Music Price“ überreicht - sozusagen der Musik-Nobel-Preis. Natürlich wurde in der Laudatio auf ihr menschliches und politisches Engagement hingewiesen, doch vor allem wurde das musikalisches Konzept ihres Lebenswerkes gewürdigt: Lange bevor der Begriff "World Music“ geprägt wurde, habe sie die Vielfalt der Musikkulturen Afrikas durch Einbeziehung international populärer Genres international bekannt gemacht.

In ihrer Dankesrede erwähnte Makeba die Sängerin und Filmschauspielerin Dolly Rathebe als Vorgängerin, die schon 1950 der erste schwarze Star Südafrikas war. In vielen Konzerten widmete sie Dolly Rathebe das Lied "Mbube“, so auch beim Auftritt am 5. November im Großen Festspielhaus in Salzburg: Mit bewegter Stimme sprach sie vom Tod ihrer Freundin vor sechs Wochen.

Botschafterin beim Salzburger Jazzherbst

Der "Salzburger Jazzherbst 2004“ bot der Sängerin und ihrem internationalen Ensemble mit Musikern aus dem Senegal, Kamerun, USA und aus dem südafrikanischen Durban ein besonderes Forum. Reminiszenzen an die frühen musikalischen Erfolge der 50er und 60er Jahre, die Darstellung ihres Konzeptes von "World Music“, vor allem aber ihr menschliches Engagement und ihr Kampf für die Freiheit - nicht nur der südafrikanischen Völker - wurden zu Elementen eines Gesamtkunstwerkes: Musik als Trägerin der Hoffnung für alle Völker dieser Welt.

CD-Tipp
Miriam Makeba, "The Lion Sleeps Tonight", Label RCA

Links
Miriam Makeba - dt. Biografie
Polar Music Prize
The Lion Sleeps Tonight - Rezension