Friedensnobelpreis für eine streitbare Frau
Wangari Maathai
"Frieden auf der Welt ist von unserer Fähigkeit abhängig, unsere Umwelt zu schützen." Mit diesen Worten begründet das Komitee den Friedensnobelpreis für. Nachsatz: "Sie denkt global und handelt lokal." Stefan Ehlert hat eine Biografie der Kenianerin verfasst.
8. April 2017, 21:58
"Dies ist eine Würdigung der Frauen Afrikas, die trotz aller Probleme weiterkämpfen", erklärt Maathai zu ihrem Friedensnobelpreis. Eine Würdigung der unbekannten Frauen, die früh morgens zur Arbeit hinaus auf die Felder ziehen, oft mit einem Säugling auf dem Rücken und zwei Kindern am Rocksaum. Die in der Gluthitze des Mittags immer noch in einer endlosen Schlange stehen und auf Medikamente warten. "Die nachmittags Getreide dreschen oder Hirse mahlen oder Mais stampfen und abends gewaltige Brennholzbündel oder Wasserkanister auf ihren Köpfen balancieren", wie es der langjährige Afrika-Korrespondent Bartholomäus Grill in der "Zeit" beschreibt. Oder sich die Lasten auf den Rücken binden und den Tragegurt auf die Stirn schnallen, wie es die Frauen aus der Gesellschaft der Kikuyu tun, aus der die erste afrikanische Nobelpreisträgerin stammt.
Traditionell und modern zugleich
Wangari hat sich nie vor diesen Arbeiten gedrückt. Sie sei aber auch kein Heimchen für die Feuerstelle, also eine eher untypisch afrikanische Frau, lautet das Urteil des in Nairobi lebenden Autors Stefan Ehlert über die Protagonistin seiner Biografie. Kein Wunder, hat Wangari Maathai doch viele Jahre von ihrer Familie getrennt im Ausland gelebt. 1940 als zweites von sechs Kindern im Distrikt Nyeri, rund zwei Stunden von Nairobi entfernt, geboren, bekam sie Anfang der 60er Jahre ein Biologie-Stipendium am katholischen Mount St. Scholastica-Kollege in Kansas. Die vierjährige Erziehung im klösterlichen Umfeld dürfte zu den wichtigsten Erfahrungen in Wangari Maathais Leben zählen, vermutet Stefan Ehlert.
Anschließend studierte die heute dreifache Mutter in Pittsburgh, später in Gießen und München. Wangaris Weg in den USA und auch im Deutschland der 60er Jahre war nicht ohne Dornen, allein und als "Negerin" beschimpft. 1971 erwarb sie schließlich als erste kenianische Frau den Doktortitel an der Universität Nairobi und wurde dort 1977 Professorin für veterinäre Anatomie. Im selben Jahr gründete die Vorsitzende des National Council of Women in Kenia ihr Lebenswerk: Das Green Belt Movement. Der grüne Gürtel steht für große Kreise von Bäumen, die rund um Schulen und Gehöfte angepflanzt werden.
Green Belt Movement
Das landesweit ca. 6000 Frauengruppen umfassende Green Belt Movement ist eine klassische Grassroot-Bewegung, schreibt Stefan Ehlert. Bei einer Schulung sitzen zehn oder zwanzig Frauen, die vielfach nicht lesen oder schreiben können, auf einem Stück Gras in der heißen Sonne. Sie lauschen den Erklärungen eines Green-Belt-Vertreters, der erläutert, warum es so wichtig ist, Bäume zu pflanzen.
An die 30 Millionen Setzlinge sollen es inzwischen laut Mama Miti sein. Die Mutter der Bäume, so die Übersetzung ihres Suhali-Kosenamens, hat den Nobelpreis aber nicht nur für ihr ökologisches Engagement bekommen, sondern auch für ihren anhaltenden Widerstand gegen das kleptokratische Regime von Daniel Arap Moi und seiner nationalen Einheitspartei KANU.
Erfolge und Rückschläge
Insgesamt zwölf Mal wurde die "Schwarze Grüne", wie sie in Europa auch genannt wird, ins Gefängnis gesteckt, immer wieder bedroht und auch krankenhausreif geprügelt. Spannend schildert Stefan Ehlert Maathais von Erfolgen und auch Rückschlägen geprägten Kampf gegen die brutale Abholzung, die grassierende Korruption in ihrer ostafrikanischen Heimat und ihr Ringen um eine einheitliche Opposition zum Sturz Arap Mois. "Wir waren euphorisch", erinnert sie sich an die Tage des Machtwechsels Ende 2002, "es war eine echte Aufbruchstimmung."
Viele Kenianer, aber auch internationale Beobachter, sehen in Wangari Mathaai seit dem 8. Oktober, dem Tag, an dem sie den Anruf aus Oslo bekommen hat, eine künftige Präsidentin. Kenia-Kenner Stefan Ehlert bezweifelt, dass die streitbare Politikerin zur Integrationsfigur eines in 42 Ethnien gespaltenen Landes taugt, er schließt sich aber der unter Entwicklungspolitikern als Binsenweisheit geltenden Meinung an, dass sich Afrika vor allem mit Hilfe der Frauen aus der Elendsfalle befreien kann.
Buch-Tipp
Stefan Ehlert, "Wangari Maathai - die Mutter der Bäume", Herder Freiburg, ISBN: 3451055805