Der Schlagzeuger Erich Bachträgl
Erdäpfel und Zucker für eine Trommel
Erich Bachträgl zählt zu den wichtigsten österreichischen und europäischen Schlagzeugern. Er war der erste "moderne" Drummer der österreichischen Jazzgeschichte. Dieser Tage feierte er seinen 60. Geburtstag.
8. April 2017, 21:58
Ausschnitt aus seinem Geburtstagskonzert
Das Schlagzeug ist im Jazz eines der wichtigsten Instrumente. Ein guter Schlagzeuger ist Gold wert, er begleitet, untermalt, trägt gleichsam seine Mitmusiker, er setzt Akzente und mit so manchem Solo auch Höhepunkte. Um gute Schlagzeuger reißen sich die Bandleader, eine Big-Band ohne Könner hinter den Drums steht auf verlorenem Posten.
Mit Löffeln und Pfannen
Erich Bachträgl gilt als erster "moderner Schlagzeuger Österreichs. Zwar gab es schon vor ihm gute Schlagzeuger - zweifelsohne - aber er war der erste, der dem Jazz ein neues Gesicht gab. 1944 wurde er in Frohnleiten geboren. Wenn seine Mutter Klavier oder Akkordeon spielte, steuerte Klein-Erich mit Löffeln und Pfannen den Rhythmus bei. Da war er gerade mal drei Jahre alt. Zu Weihnachten bekam er eine Trommel geschenkt, wurde aber auch angehalten, Klavier und Akkordeon zu üben. Mit sechs Jahren nagelte Bachträgl einige Blechdosen und einen Blechdeckel auf ein Brett. Das sei sein erstes Drumset gewesen, erzählt der Schlagzeuger heute, damals schon sei er verrückt nach einem Schlagzeug gewesen.
Marschtrommel aus Messing
Vielleicht muss man wirklich verrückt im Sinn von ""besessen sein, um später einmal einer der ganz großen Musiker zu werden. Auf alle Fälle wünschte sich Bachträgl bald ein eigenes Schlagzeug, was finanziell unmöglich war, aber im Tausch gegen Erdäpfel und Zucker erstand seine Mutter für ihn eine richtige Marschtrommel aus Messing.
Bachträgl verließ mit 13 die Mittelschule in Graz, um eine Kaufmannslehre zu beginnen. Seine Mutter war gestorben, sein Vater im Krieg vermisst, und Erich galt als logischer Nachfolger für den Laden seines Großvaters. Der aber erkannte das Talent seines Enkels und schenkte ihm ein Schlagzeug. Endlich hatte sich der sehnlichste Wunsch des jungen Talents erfüllt.
Mit allen Jazzgrößen auf "Du und Du"
Richtig entdeckt wird Bachträgl als 18-Jähriger vom Pianisten Harald Neuwirth. 1965 wird in Graz die Abteilung Jazz an der Hochschule gegründet. Bachträgl studiert Klassik, bekommt gleichzeitig aber auch Lehraufträge. Das war der Start zur großen Karriere.
Erich Kleinschuster nahm Bachträgl als Schlagzeuger in seine mittlerweile legendäre Formation. Gespielt wurde auf allen großen europäischen Festivals. Bachträgl bekam Preise und in wenigen Jahren spielte er mit allen Jazzgrößen der Zeit, von Phil Woods bis Charles Tolliver, von Joe Zawinul bis Herb Ellis.
Das Pauer Trio
Bachträgl übersiedelte nach Wien und bestritt unzählige Sessions im legendären Josefinum, einem heute nicht mehr existierenden Jazzkeller im 9. Wiener Gemeindebezirk. 1970 gründete der Pianist Fritz Pauer mit dem Bassisten Jimmy Woode, der aus der Band von Duke Ellington kam, und Bachträgl das Pauer Trio. Und wieder spielt Bachträgl mit all den Jazzgrößen wie Johnny Griffin und Art Farmer. Als er - mit dem Kleinschuster-Sextett - das erste Mal in Montreux spielte, bildeten Clark Terry und Gerry Mulligan je eine All Star Big Band - und Bachträgl trommelte in beiden Bands.
Der Rest ist Legende ...
... der Stoff, aus dem Karrieren sind: ORF-Big-Band und mit verschiedenen Formationen Tausende von Gigs. Dazu seit 1976 die Lehrtätigkeit in Graz. Bachträgl wird zum wichtigsten Impulsgeber für junge Schlagzeuger darunter Joris Dudli, Mario Gonzi, Klaus Göhr, Tom Henkes, Walter Grossrubatscher und, und, und ...
Seinen 60. Geburtstag feierte er am 12. November mit zwei Konzerten im Kulturhaus St. Ulrich im Greith in der Südsteiermark. Ausschnitte daraus hören Sie in "On Stage".
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Erich Bachträgl