Fritz Pauer pur
Der Grandseigneur des Jazzpianos
Vom "rising star" der 60er Jahre hat sich Jazzpianist Fritz Pauer zu einer Zentralfigur des Jazz in Österreich gewandelt. Die Liste der Künstler, mit denen er zusammenarbeitete, findet kein Ende: Fatty George, Hans Koller, Erich Kleinschuster, um nur einige zu nennen.
8. April 2017, 21:58
"Blues Inside Out": CD-Ausschnitt mit dem Fritz Pauer Trio
Unspektakulär, ohne spekulative Seitenblicke auf den Kommerz, oftmals versponnen in seine Gedankenwelt, enorm produktiv, bescheiden und auch zuweilen angepasst, weil extrem vielseitig hat der Jazzpianist Fritz Pauer in seiner 43-jährigen Musikerlaufbahn zu einer stillen Größe und Reife gefunden, die ihn in eine Reihe mit seinen genialen Mentoren Joe Zawinul, Friedrich Gulda oder Hans Koller stellen.
Künstlerische Kindheit
In Wien Margareten in einer musikalischen Familie aufwachsend, drehte sich von Kindheit an alles um Musik:
"Ich bin in einem Viertel aufgewachsen, wo alles musiziert hat. Unser Nachbar hat an Sonntagen bei offenem Fenster zur Radiomusik Violine gespielt, meine Klavierlehrerin hat ebenfalls in der Nachbarschaft gewohnt, und meine Schulkollegen waren Sohn und Tochter vom Pianisten Heinz Neubrand; den habe ich auf Schritt und Tritt verfolgt",
erinnert er sich an seinen Förderer.
Am Pianostuhl der Wiener Ade Bar
Kein Wunder, dass Fritz Pauer, der Student der Pädagogischen Akademie, schon bald hauptberuflich in der Wiener Ade Bar im Quartett des Schlagzeugers Ferry Stark am Pianostuhl Platz nahm:
"Der Fatty George ist immer in die Konkurrenzclubs gegangen, hat sich um Nachwuchs für seine Band umgesehen und hat mich schließlich verpflichtet. Ich hatte das Glück, dass Rudi Wilfer, der Pianist in Fattys Band, auch ein guter Trompeter war. So hat er zur Trompete gewechselt, und ich konnte das Klavierstockerl in Anspruch nehmen."
Gemeinsam mit den Who's who's des Jazz
Seine Musikerkollegen, mit denen er in seiner Laufbahn zu tun hatte, lesen sich wie ein Who's who des Jazz: "Hans Koller hat teilweise nur Melodielinien ins Studio mitgebracht, zu denen Hans Rettenbacher und ich dann die Akkorde geschrieben haben", erinnert sich Pauer. Nach dem Aus für Fatty George's Jazzclub war der Pianist vier Jahre in West-Berlin und bildete zusammen mit Rettenbacher und dem deutschen Drummer Joe Nay die Hausrhythmusgruppe in "Dug's Night Club" und in der "Jazzgalerie". Dort hatte der Pianist die Chance, mit den besten "Americans in Europe", u. a. mit Art Farmer, zu arbeiten:
"Was den Jazz betrifft, war in Berlin in den 60er Jahren sicher am meisten los in Europa, sowohl bei den Rundfunkanstalten RIAS und SFB als auch in den Clubs. Auch eine Wiener Künstlerkolonie hat sich damals in Berlin angesiedelt, darunter der Dichter H. C. Artmann, der Aktionist Ossi Wiener, der Schauspieler Helmut Qualtinger und Fatty George."
Seine ORF-Jahre mit Erich Kleinschuster
Im Frühjahr 1966 gewann Fritz Pauer in Wien den ersten Preis als Pianist des von Friedrich Gulda initiierten "Internationalen Wettbewerbs für Modernen Jazz". Im Herbst 1968 folgte der Pianist dem Ruf des Posaunisten und Bandleaders Erich Kleinschuster. Von da an war er 14 Jahre lang als Musiker, Komponist und Arrangeur, als Mitglied des Kleinschuster Sextetts und der ORF Big Band an den ORF gebunden.
Nach der Auflösung der ORF Big Band übersiedelte er zwei Jahre in die "Swiss Jazzschool" nach Bern und widmete sich vermehrt in Duo-Besetzungen mit Altmeister Koller, Art Farmer, Lee Konitz oder Karl Ratzer. Als sich Letzterer Ende der 80er Jahre auch als Clubchef versuchte, wurde Pauer der Hauspianist im "Camerillo" - so hieß Ratzer's Wiener Club.
Pauer und das Art Farmer Quintett
Eine der wichtigsten Abschnitte in der Laufbahn des Pianisten Fritz Pauer war die 20 Jahre währende Zugehörigkeit zum europäischen Quintett Art Farmers:
"Art war ein Mensch, der nie viel gesprochen hat. Was er zu sagen hatte, drückte er in seiner wunderbaren Musik aus. In Wien wollten wir einen Platz, an dem wir mehrmals im Jahr länger als nur eine Nacht spielen konnten. Der Club 'Jazzland' hat uns diese Möglichkeit gegeben."
In burgenländischer Abgeschiedenheit
Während andere Jazzmusiker den Drang verspürten, auch in Amerika ihre Erfahrungen zu sammeln, übersiedelte Pauer in das Burgenland. Dort findet er Ruhe zum Komponieren. Dort entstanden auch in den 90er Jahren die Konzepte für seine Trio-Produktionen "City Blues" und "Peruvian Impressions". Die Vielzahl der künstlerischen Aufgaben des Musikers ließen sich bestenfalls in einem Buch lückenlos aufzählen. Sie reichen von Konzerten und Aufnahmen mit Kollegen wie Peter Herbolzheimer, Philipp Catherin oder Isla Eckinger bis zum 2001 in burgenländischer Abgeschiedenheit entstandenen "Klangburg Concertino", mit eigenem Trio und klassisch besetztem Streichquartett uraufgeführt und auch auf CD gebannt.
Trio pur
Verzichtete Fritz Pauer früher auf Kosten seiner berühmten Kollegen auf Individualität, nimmt er jetzt immer häufiger die Möglichkeit wahr, seine schöpferischen Fähigkeiten voll auszuspielen und seine gegenwärtige Wunschbesetzung zu präsentieren: ein Trio, mit dem er spontan Improvisiertes mit Wohldurchdachtem kombinieren kann, in dem seine Bach'schen Akkordfolgen mit Gospel- oder Stridepiano-Sequenzen und swingende Passagen mit atmosphärischer Klangmalerei wechseln und in dem jede Note vor allem eines ist und künftig auch sein wird: Fritz Pauer pur.
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