Katastrophenvorwarnung aus dem All

Der grüne Satellit

Zweieinhalb Jahre ist der Satellit "Envisat" der Europäischen Weltraumagentur ESA nun im All. Er liefert wichtige Daten für die Umwelt- und Klimaforschung und wird auch als "Kassandra im All" bezeichnet, weil er Katastrophen vorhersieht.

Er ist der Satellit der Superlative. "Envisat" ist der teuerste und größte Satellit der Europäischen Weltraumbehörde ESA. Er kostete die Rekordsumme von rund zwei Milliarden Euro, Start und fünf Jahre Betrieb inklusive. Er liefert wichtige Daten für die Umwelt- und Klimaforschung und die Wissenschaftler sind mit den ersten Ergebnissen zufrieden, wie ein Kongress in Salzburg zeigt.

Ein Meisterstück europäischer Technologie

Das Flaggschiff der Umweltforschung ist 8,2 Tonnen schwer und mit aus gefalteten Sonnensegeln und Antennen 26 Meter lang und zehn Meter breit.

Jean-Jacques Dordain, Generaldirektor der Europäischen Weltraumagentur ESA ist stolz auf das Meisterstück europäischer Technologie. "Envisat" ist ein einzigartiger Satellit mit der Größe eines Schulbusses und mit zehn Messinstrumenten an Bord, die gleichzeitig die Ozeane, Land, Eismassen und die Atmosphäre vermessen."

Länger als geplant im All

Groß war die Nervosität vor dem Start im Jahr 2002, kurz nach dem Desaster mit der Ariane 5-Rakete, die den Satelliten "Artemis" in die falsche Umlaufbahn gebracht hatte - ein Fehlschlag, den man bei dem Rekordsatelliten Envisat keinesfalls leisten konnte.

Der Start am 1. März 2002 (MEZ) verlief reibungslos, und nicht nur das. "Zweieinhalb Jahre nach dem Start haben wir noch 75 Prozent des Treibstoffs an Bord und das wird uns ermöglichen, den Satelliten weit über seine geplante Lebenszeit zu erhalten, wir rechnen mit zehn Jahren!", so der ESA-Direktor beim großen Envisat-Kongress in Salzburg, an dem mehr als 700 Wissenschafter teilnahmen.

Wichtige Umweltinformationen

Satelliten werden immer wichtiger zur Beobachtung und für das Verständnis unserer Umwelt. Envisat beweist - zusammen mit den Daten der Vorgängersatelliten ERS 1- und ERS 2 - dass einzigartige Informationen aus dem All über Vulkanausbrüche, Hochwasser, Algenplagen, Gletscherschmelze, das Ozonlochs, die Ozeanzirkulation und den Klimawandels oder auch über das antarktische Eis zu erhalten sind.

Dieser gewaltige Koloss umkreist die Erde einmal in 100 Minuten, also 14 mal am Tag. Österreichische Forscher sind maßgeblich an der Datenauswertung beteiligt und High-Tech made in Austria ist an Bord.

Made in Austria

Austrian Aerospace lieferte unter anderem Elektronikeinheiten, mechanische Strukturen und thermische Isolationen im Gesamtwert von 17 Millionen Euro. So auch für das Ozon-Meßgerät GOMOS, mit dem Gottfried Kirchengast von der Universität Graz die Konzentration von Ozon in der Atmosphäre misst.

Sorgenkind ist derzeit das Instrument MIPAS, das keine Daten schickt. Doch sobald die Daten fließen, sollen sie die Wettervorhersage entscheidend verbessern. Wetter- und Klimamodelle sind nur ein Bereich, den Envisat revolutionieren soll.

Katastrophenwarnung aus dem All

Helmut Rott vom Institut für Meteorologie und Geophysik an der Universität Innsbruck bearbeitet Satellitendaten über die Vegetation. "Man kann bei Pflanzen sogar die Eigenschaften der Blätter, Schäden oder den Feuchtgehalt messen." Ernteverluste und drohende Hungersnöte können vom All aus Wochen vorhergesagt werden.

Die Innsbrucker Wissenschafter können aber auch Bewegungen von Hängen im Millimeterbereich erfassen und so vor Katastrophen rechtzeitig warnen.

Envisat kann die Höhe von Gewässern genau messen. Bei der Elbeflut im Jahr 2002 kamen laufend aktuelle Informationen über die Überflutungsgebiete vom Satelliten. Spanien wiederum setzt auf die Daten von Wolfgang Wagner von der TU Wien, um objektive Entscheidungsgrundlagen für die Vergabe der Fördergelder nach Dürreperioden zu erhalten.

Die Zeit der Supersatelliten scheint aber schon wieder abgelaufen zu sein. Noch einmal würden die Weltraumforscher nicht alles auf eine Karte setzen, sondern mehrere kleine Satelliten in die Umlaufbahn schicken.

Download-Tipp
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