Heinz Fischer im Gespräch
Der österreichische Bundespräsident
"Es ist gut, Schriftstellern zuzuhören, weil sie querdenken und die Funktion eines Sauerteigs in der Gesellschaft haben."
Der neue Bundespräsident Heinz Fischer ermuntert Künstler und Wissenschafter zur Rückkehr nach Österreich.
8. April 2017, 21:58
Heinz Fischer über seinen Heimatbegriff
"Ich habe Peter Handke vor ein paar Wochen geschrieben, und gemeint, es wäre schön, wenn er zurückkommen könnte."
Österreich habe viel verloren durch einen starken Brain-Drain ins Ausland, sagt Fischer.
Die Vertreibung oder Flucht von österreichischen Intellektuellen erreichte in der Zeit des Nationalsozialismus einen Höhepunkt. Nach 1945 fühlten sich viele von ihnen nicht wirklich willkommen in der alten Heimat. Heute mögen es wieder andere Gründe sein, zum Beispiel ungerecht empfundene Steuern oder fehlende Förderungen, die Wissenschafter und Künstler dazu bewegt, einen Lebensabschnitt lieber im Ausland zu verbringen.
Heinz Fischer: "Wenn Künstler und auch Wissenschafter ihren Weg zurück nach Österreich finden, dann freue ich mich. Es freuen sich all jene, die wollen, dass wir ein hoch entwickeltes, ein lebendiges, ein buntes, ein aktives Geistesleben in Österreich haben.
Heimat bist du großer Vielfalt
Befragt zu seinem Heimatbegriff, antwortet Heinz Fischer:
"Ich habe damit kein Problem, wenn wir es eindeutig abgrenzen von einem aggressiven Nationalismus und Chauvinismus.
Für eine Herabsetzung anderer Völker, anderer Kulturen, sei aber kein Platz. Schließlich sei Österreich ein Land, das sich zum Prinzip der Gleichwertigkeit aller bekennt, zur Menschenrechtsdeklaration und großteils zum Christentum. Wenn ein Heimatbegriff bedeute, das Eigene weit über das Andere zu stellen, etwa Tschechen, Ungarn, Polen oder Araber abzuwerten, so könne er sich nicht zu diesem Begriff bekennen, sagt Fischer:
"Ich bin dagegen, das positive Gefühl für die rot-weiß-rote Fahne abzuleiten und zu stärken durch ein Herabblicken auf ein anderes Volk."
Erste Signale
Der Amtsantritt des neuen Bundespräsidenten war vom plötzlichen Tod seines Vorgängers Thomas Klestil überschattet, der während seiner zweiten Amtsperiode immer wieder von der schwarz-blauen Bundesregierung an die Grenzen der Macht des Bundespräsidenten erinnert wurde.
Als neues Staatsoberhaupt setzte Heinz Fischer bewusst Akzente, die Rückschlüsse auf sein Amtsverständnis erlauben: erste Gesprächspartner waren Caritas, Volkshilfe und Diakonie, weil - wie Fischer sagte - neben dem marktwirtschaftlichen der soziale Gedanken nicht zu kurz kommen darf.
Sein erster Staatsbesuch in Ungarn sollte deutlich machen, wie wichtig Österreich die osteuropäischen Nachbarn sind.
Und mit dem Besuch der Witwe des österreichischen Widerstandskämpfers Robert Bernardis machte er deutlich, dass er in den gescheiterten Hitlerattentätern keine Verräter sieht.
Michael Kerbler spricht mit Bundespräsident Heinz Fischer über österreichische Identität, über Patriotismus, das Wertvolle an widerständiger Kultur und darüber, wie sich Österreich in den kommenden sechs Jahren verändern muss, um das Wesentliche zu bewahren.
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