Komponist von Koloraturen und Kochrezepten
Rossinis erste Opera seria
Bereits zu Lebzeiten gab er der Welt Rätsel auf: Gioacchino Rossini. Reich, vom Erfolg verwöhnt, die Welt liegt ihm zu Füßen, zieht sich der Komponist mit 1829 im Alter von 37 Jahren zurück. Ö1 sendet die Oper "Tancredi" vom diesjährigen Rossini-Festival in Pesaro.
8. April 2017, 21:58
Von Kennern als kleines, aber exquisites Festival sehr geschätzt wird das "Rossini-Festival" in Pesaro, der Geburtstadt des Komponisten. Seit 1979 wird hier jährlich ein unbekanntes Opernwerk des Komponisten präsentiert, wobei besonders auf die Erarbeitung der Originalfassungen Wert gelegt wird. Dabei handelt es sich oft um "rück"-restaurierte Opern.
"Der wahre Rossini ist eigentlich ein unbekannter Autor", so Gianfranco Mariotti, früherer künstlerischer Direktor der "Rossini-Stiftung, vor Jahren in einem Interview. Von 41 Werken stehen nur drei bis vier ständig auf den Spielplänen internationaler Opernhäuser, nur sieben bis acht sind allgemein bekannt. Ö1 sendet eine Aufzeichnung von "Tancredi", der diesjährigen Eröffnungs-Premiere des Rossini-Festivals.
Rossinis erste Opera seria
Es ist dies die erste große Opera seria Rossinis, die nur wenige Monate vor der "Italienerin in Algier" entstand und 1813 erfolgreich am "Teatro La Fenice" in Venedig uraufgeführt wurde.
Pesaros Erfolgsrezept
"Rossini pur" - mit diesem Erfolgrezept ist es Pesaro nicht nur gelungen, sich im internationalen Festivalreigen mit einem besonderen Akzent zu etablieren, es hat auch international zum Neu-Hören Rossinis und zu neuer Präsenz in den Opernhäusern angeregt.
Und das exklusive Festival kann mit so prominenten Künstlern wie Marilyn Horne, Luciano Pavarotti, Juan Diego Florez, Claudio Abbado, John Pritchard oder Dario Fo, der hier 1988 "Die seidene Leiter" inszenierte.
Gioacchino Rossini (1792-1868)
Schon zu Lebzeiten gab er Rätsel auf. Da hat er sich, reich, vom Erfolg verwöhnt, dem Luxus zugetan, gerade in Paris niedergelassen - die Welt, zumindest Europa, liegt ihm zu Füßen. Doch der Komponist verweigert sich:
1829 beendet Rossini, der "Schwan aus Pesaro", seine Tätigkeit als Opernkomponist und schreibt in den verbleibenden 39 Lebensjahren kaum mehr eine Note. Eine Nervenkrankheit, schlichte Schaffenskrise oder nur die schon sprichwörtliche Faulheit? Dem Ruhm hat das jedenfalls nicht geschadet.
Komponist zwischen den Epochen
Ein Jahr nach dem Tod Mozarts am 29. Februar 1792 geboren, steht Rossini in der Musikgeschichte zwischen den Epochen. Den einen gilt der Komponist des "Barbier von Sevilla", der "Diebischen Elster" und des "Wilhelm Tell" als Vollender der italienischen Oper, den anderen als epigonal, gar reaktionär. Oft rückwärts gewandt, versuchte er sich doch auch als Neuerer.
Vor allem aber war der Meister des Belcanto komisch und hatte auch im Leben einen Hang zum Komödiantischen. Der Tradition, die noch streng nach Opera buffa und Opera seria unterschied, wollte er mit der "semi-seria", der halbkomischen Oper, entrinnen.
Ein "genialer Faulpelz"
Als Sohn eines Trompeters und Schlachthofinspektors und einer singenden Bäckerstochter verbrachte der kleine Gioacchino den größten Teil seiner Zeit im Theater seiner Geburtsstadt an der Adria. Nach dem Stimmbruch begann Rossini, der "geniale Faulpelz", unter dem Einfluss von Mozart und Haydn mit dem Komponieren. 1806 schrieb er die erste Kantate, von 1808 bis 1829 entstanden dann in einem wahren Schaffensrausch 40 Opern.
Nach Aufführungen von "Tancredi" (1813) am "La Fenice" in Venedig und nach der "Italienerin in Algier" öffnet ihm die Mailänder Scala ihre Tore. Ganz Europa pfeift die Melodien des gerade 21-jährigen. Angeblich in nur 14 Tagen schreibt Rossini 1816 seine berühmteste Oper, den "Barbier von Sevilla", nach einem Text von Beaumarchais.
Vollender der Opera buffa
Wird er mit dem "Barbier" zum Vollender der Opera buffa, so gilt 13 Jahre später seine letzte Oper "Wilhelm Tell" als bahnbrechend für das französische Musiktheater. Dazwischen liegen u. a. "Otello" (1816), "Cenerentola" (1817) und der "Kalif von Bagdad" (1818). 1823 entsteht die szenische Kantate "Reise nach Reims".
Furore durch Bonmots und als Gourmet
Rossini war schon 1824 über Wien in seine Wahlheimat Paris gekommen. Aber er kehrte nach Italien zurück, das er erst 1848 als Feind der politischen Reaktion im Papststaat wieder verlassen musste. Wieder in Paris, führt er zunächst in der Stadt, dann auf seinem Landsitz in Passy einen besuchten Salon, von dem u. a. Richard Wagner berichtet.
Seine witzigen Bonmots, seine Stellung als Gourmet, der die Welt die "Tournedos Rossini" mit Gänseleber und Trüffel verdankt, und die legendären Diners machen mehr Furore als gelegentliche Kompositionen, die der lebenslustige Epikuräer später als "Alterssünden" gar von der Publikation ausschließt.