Terror im Urlaubsparadies
Südthailand: Der Aufstand der Muslims
Seit etwa zwei Jahren wütet auch im Urlaubsparadies Thailand der globale Jihad. Im muslimischen Süden Thailands fallen inzwischen fast täglich Sicherheitskräfte und buddhistische Mönche Terroranschlägen zum Opfer.
8. April 2017, 21:58
Im südostasiatischen Thailand lässt eine bröckelnde Fassade des Lächelns zusehends gärende Probleme und Konflikte zutage treten. So hat die rapide Industrialisierung und Urbanisierung der letzten Jahrzehnte gigantische Zerstörungen angerichtet: Pestizide und ungeklärte Abwässer haben das küstennahe Meer, Seen und Agrarflächen vergiftet; intensive Krabbenzucht hat Hunderte Kilometer Mangrovenwälder am südchinesischen Meer in Wüste verwandelt; in Städten wie Bangkok wälzt sich der Verkehr auf grotesk wuchernden Betonstelzen durch die Wohngebiete.
Kulturell sehen sich die als Buddhisten eher die Bedürfnislosigkeit suchenden Thais überschwemmt von schreienden Konsumverlockungen - was viele nicht bewältigen: Drogenkonsum und Gewaltkriminalität steigen; der traditionell auf Mädchen der Unterschicht begrenzten Prostitution fallen zunehmend auch konsumsüchtige Mädchen höherer Gesellschaftsschichten anheim.
Unterdrückte politische Konflikte
Seit einigen Jahren treten auch über Jahrzehnte von brutalen Diktatoren unterdrückte politische Konflikte zutage: Gewerkschaften begehren auf; im Norden fordern mehrere Bergvölker kulturelle Gleichberechtigung mit dem Mehrheitsvolk der Thais; und im von muslimischen Malaien bewohnten Süden haben Rebellen der thai-nationalistischen Regierung des Medienzaren Thaksin Shinawatra den "Jihad" erklärt.
Seine Wurzeln findet muslimisches Aufbegehren in der Geschichte der einstigen malaiischen Sultanate im Süden, die erst 1903 von der britischen Kolonialmacht dem Königreich Siam zugeschlagen wurden. Im Zuge der "Thaiisierung" Siams seit den 30er Jahren wurde der Süden gleichgeschaltet; malaiische Geschichte, Sprache und zum Teil der Islam wurden diskriminiert, lokales Aufbegehren bis in die 70er Jahre mit grausamsten Massakern niedergeschlagen.
Couragierte Muslime Verschwinden
Auch unter der demokratischen Verfassung von 1997 geben in Südthailand - wirtschaftlich wie politisch - buddhistische Thais den Ton an; unter dem "nationalpopulistisch" regierenden Premier Thaksin verschwinden erneut couragierte Muslime. Angst bestimmt das öffentliche Leben; Protestdemonstrationen gegen Thaksin "national-buddhistische" Innenpolitik oder Thailands Teilnahme an Bushs Irak-Feldzug gibt es bislang nicht.
Erbitterter Widerstand äußert sich fast ausschließlich in der seit zwei Jahren rapide wachsenden Zahl von Terroranschlägen. Bisheriger Höhepunkt: elf koordinierte Attacken am 28. April 2004 - verübt u. a. von einer Fußballmannschaft und Schüler einer Islamschule.
Regierung schürt den Konflikt
Die vorgewarnten Sicherheitskräfte schufen, indem sie ohne Not sämtliche 108 Angreifer, zumeist nur mit Macheten bewaffneten, erschossen, einmal mehr neue "Märtyrer". Und anstatt die "islamistisch separatistischen" Anschläge (zu denen sich bis heute keine Organisation bekennt) professionell aufzuklären sowie zugrunde liegende Konflikte einzudämmen, schürt die Regierung buddhistisch-islamische Gegensätze: Sie trumpft auf mit einschüchternder Militärpräsenz, verteilt Waffen an buddhistische Dorfbewohner, verhaftet und foltert willkürlich; mehrere hundert "verdächtige" Muslime sind allein in diesem Jahr verschwunden.
Überdies nutzen Trittbrettfahrer aus diversen Mafias, Polizei und Militär die gespannte Situation, um alte Rechnungen zu begleichen.
Von El Kaida inspiriert
Im Ergebnis könnte sich der zweifellos von El Kaida inspirierte Terror in Südthailand schon bald in Osama bin Ladens Netzwerk eingliedern. Weiter dilettantisches Vorgehen des unter dem Einfluss der USA stehenden Thaksin-Kabinetts könnte Südthailand zu einem neuen "hot spot" islamistischen Aufbegehrens machen - mit unabsehbaren Folgen für Demokratie, Wirtschaft und Tourismus des Landes; mit Folgen auch für die benachbarten Länder Malaysia, Indonesien und Philippinen.