Töne gegen die Schwerkraft

Musik mit Humor

Subtiler Humor ist das verbindende Element der CDs, die Zeit-Ton auf oe1.ORF.at vorstellt. Wirbelwind Felix Kubin möchte Musik gegen die Schwerkraft machen, Jon Rose spielt eine Violine für siamesische Zwillinge.

Felix Kubin: "Matki Wandalki"; Jon Rose: "Double Indemnity"

Auf dem Label A-Musik ist unlängst Felix Kubins neue CD mit dem schönen Titel "Matki Wandalki" erschienen, der nicht zuletzt auch etwas über Kubins große Liebe zu Polen verrät und übersetzt so viel heißt wie: die Vandalenmütter.

"Wirbelwind am Manual" hat Felix Kubin das Intro zu seiner CD in bester Selbstkenntnis betitelt, denn kaum ein anderer Musiker wird dem Wort Wirbelwind wohl so gerecht wie Felix Kubin.

Daniel Düsentrieb der Pataphysik

Als Daniel Düsentrieb der Pataphysik bezeichnet Fritz Ostermayer Felix Kubin in dem von ihm verfassten Begleittext zur CD. Dass ihn bei den 13 Titeln nie das anämische Gespenst der Dekonstruktion anspringen würde, so Ostermayer, müsse wohl auch mit dem abstrusen Humor zu tun haben, der Felixens surrenden Kosmos ebenso unverwechselbar machen würden wie seine Liebe zu Sounds, die an alte tschechoslowakische Zeichentrickfilme erinnern - oder, wie Ostermayer schreibt, noch weiter zurück: an die Klangforschungen der elektroakustischen Fünfziger-Jahre-Avantgarde lange vor ihrer Popwerdung.

Programm-Musik ohne Programm

"Matki Wandalki" würde ein paar ästhetische Widersprüche aufs Königlichste in sich vereinen: Abstract Darmstadt goes Pop etwa. Noch seltener: die Ahnung einer "witzigen" musique concrete und die wahrscheinlich, wie Ostermayer munkelt, nur von ihm selber hinein interpretierte Idee einer "Programm-Musik" ohne narratives "Programm".

Musik gegen die Schwerkraft

Musik gegen die Schwerkraft möchte er machen, so Felix Kubin selber, der nebst vielerlei verschiedenartiger Betätigung auch Labelbetreiber ist. Gagarin Records nennt sich die von ihm ins Leben gerufene Plattform für skurrilen Pop und andere Musik, die sich in ihrer Eigenwilligkeit und Unbestechlichkeit konsequent jeder Schubladisierung verwehrt.

Sie denken nun an Jurij Gagarin, den ersten Menschen im Weltall? Da haben Sie ganz recht. Jurij Gagarin ist sozusagen das inspirierende Über-Ich von Gagarin Records, der mechanische Präsident, wie Felix Kubin Jurij Gagarin auch in seinem Manifest bezeichnet.

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"Koppeln wir uns ab vom Erdball", heißt es im Manifest. Dessen Kampfschrei "Es lebe der elektronische Anarchismus!" gilt wohl auch für die unlängst auf A-Musik erschienene CD "Matki Wandalki" von Felix Kubin.

"The Genetic Tendency in Violin Music"

Eine kuriose Geschichte rankt sich um die CD Double Indemnity von Jon Rose, erschienen auf Jozef Cseres’ Label "HEyeRMEarS DISCORBIE", dem Hüter des Rosenberg Museums im slowakischen Violin.

Auf der Suche nach immer neuer und experimenteller Musik, so die Geschichte (nachzulesen im CD-Booklet in einem Artikel von Doktor Willy Orwig, ausgewiesen als Professor für genetisches Marketing am MIT), machte sich Johannes Rosenberg dereinst im Jahre 1952 auf zu den Payawipaya, einem kleinen Stamm in Papua Neu Guinea und traf dort auf ein gar wundersames Paar zusammengewachsener siamesischer Zwillinge, die auf einer extra für sie konstruierten Doppel-Violine gar wundersam polytonal und polyrhythmisch klingende Musik spielten.

Auf der Suche nach der musikalischen Revolution

Diese siamesischen Zwillinge waren Gefangene der Payawipaya, ursprünglich stammten sie vom Bati Bati Stamm und es muss sich wohl um eine spezielle genetische Veranlagung gehandelt haben, munkelt Willy Orwig, denn siamesische Zwillinge waren bei den Bati Bati kein vereinzeltes Phänomen.

Johannes Rosenberg jedenfalls, den die Erinnerung an dieses gar wundersame Violinspiel nicht mehr los ließ, wollte, zurück in Australien, die Musik der Bati Bati mit der abendländischen zusammenführen, um so vielleicht die nächste musikalische Revolution auszulösen.

Zuerst brauchte er dafür aber siamesische Zwillinge, die auch gewillt waren, Violine zu lernen. Gar nicht so einfach, wie sich herausstellen sollte.

Wunderzwillinge Blazek

Schließlich erfuhr Johannes Rosenberg von den Blazek Zwillingen, geboren 1878 in Skrychov in Böhmen, zwei am Rücken zusammengewachsene Schwestern, Rosa und Josepha, die das gemeinsame Violinspiel, wie man erzählte, virtuos beherrschten.

Rosenberg ließ sich Noten und Aufzeichnungen schicken, etwa von Aufführungen, bei denen Rosa eine populäre Melodie spielte - vom Anfang bis zum Ende, während Josepha dieselbe Melodie in perfekter Synchronisation genau umgekehrt, also vom Ende bis zum Anfang wiedergab.

Violine nachgebaut

Die Zwillinge selber lebten damals leider nicht mehr, zumindest aber wollte Johannes Rosenberg, das Instrument nachbauen, dass diese beiden Schwestern gespielt haben. So auch geschehen.

Und wo sonst sollte sie sich nun befinden, diese Wundervioline, wenn nicht im Rosenberg Museum im slowakischen Violin, unter der Obhut von Jozef Cseres eben. Gut, wir lassen das jetzt einfach mal so stehen.

CD-Tipps
Felix Kubin: "Matki Wandalki" (polnisch für "Vandalenmütter", Mütter der Zerstörung)

Jon Rose: "Double Indemnity"; Jon Rose spielt die zehnsaitige Doppelvioline von Dr. Johannes Rosenberg, aufgenommen im Jänner 2002 im Gymnasium des Main D'Oeuvres in Paris anlässlich einer Rosenberg Retrospektive als Teil des "Les Cordes de Saint Quen"-Streichmusik-Festivals.

Weiters vorgestellt im Zeit-Ton Magazin: "Outpost. Time-based landscapes", die neue CD des IFTAF, des Instituts für Transakustische Forschung.

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Links
Randalierende Mütter und Electro Bossa CD-Rezension von "Matki Wandalki"
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Gagarin Records
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