von Giselher Smekal
22. Juli 2004
Früher war es besser. Die Plattenhüllen jedenfalls, beklagt Giselher Smekal, das Hinscheiden der LP aus grafischer Sicht. Die simple Verkleinerung der Sujets lässt es schlichtweg nicht zu, Menschen die das zu verantworten haben, Grafiker zu nennen.
8. April 2017, 21:58
In den Zeiten der Langspielplatte entdeckte man, dass die zur Aufbewahrung erfundenen Karton-Umhüllungen gleichzeitig Werbeträger zum Kaufanreiz sein konnten. Immer detaillierter wurden die Informationen über die Künstler und ihre Intentionen. Immer genauer wurden die Angaben über Ort, Zeit und Umstände der Aufnahmen.
Und immer wichtiger wurde die grafische Gestaltung der Plattenhüllen. Alex Steinweiss gilt als der Erfinder des LP-Covers und hat für Columbia die ersten Art Covers entwickelt: auf der einen Seite Texte, auf der anderen ein bunt gestaltetes "Titel-Bild" als emotional wirkendes Signal im Gegensatz zur informativen "Rückseite".
Gerade im Bereich des Jazz blühte die Cover Art auf. Berühmt sind die Plattentaschen von Blue Note Records aus den 50er-Jahren. Sie wurden bald wie Kunstwerke gesammelt und gehandelt. Spezielle Galerien entstanden. Heute werden Höchstpreise bei Auktionen für Plattencover erzielt...
Der neuerliche Wechsel der Tonträgerindustrie von der LP zur CD aber bedeutete (beinahe) das Ende dieses Kunst-Zweiges "Cover Art". Auf der viel kleineren Fläche kann viel zu selten eine originelle grafische Idee umgesetzt werden. Und auch die neuen Techniken, die vom grafischen Gewerbe eingesetzt werden, sowie der Kostendruck jeder CD-Produktion scheinen es kaum mehr zuzulassen, dass originelle Schöpfungen entstehen.
Bestenfalls die "Booklets" bieten oftmals mehr als "Ersatz" für die B-Seite der LP-Hüllen. Manche der kleinen Hefte wurden zu wahren Foto-Bänden oder geheimnisvollen Büchern. Die corporate identity, welche auf diese Weise zwischen CD-Käufer und Label entsteht, zeigt sich vor allem in den Veröffentlichungen von "Winter & Winter", "Label Bleu" und dem Wiener Label "Quinton".
Aber bei den meisten anderen ist das Resultat eine Kombination von Erinnerungsfotos in Briefmarkenformat mit Detail-Informationen über Produktion, technische Standards, Verlagsangabe, Rechten usw., die alles überschwemmen, und das so klein gedruckt, dass die Augen beim Lesen schmerzen. Die das verantworten müssten ("Grafiker" will ich sie gar nicht mehr nennen), arbeiten an Großbildschirmen - und verkleinern dann und verkleinern und verkleinern
bis alles auf möglichst wenig Papier untergebracht ist. Aber sie scheinen niemals CDs zu kaufen bzw. zu verwenden. (Vermutlich hören sie nur mehr MP3s, die bekanntlich keine Verpackung mehr brauchen.)
Eigenartig sind auch manchmal die Inhalte. Dave Brubeck stellte für sein neuestes Doppelalbum Fotos und Dokumente aus seiner Militärdienstzeit am Ende des 2. Weltkrieges zur Verfügung. ("We Crossed the Rhine" hieß damals eine seiner Kompositionen.) Und dazu schrieb er einen Text aus sentimentalen Erinnerungen und unkritisch erzählten Anekdoten. Welche Botschaften vermitteln CD-Cover und Booklet von "Private Brubeck Remembers" im Jahr 1 nach dem Irak-Krieg?
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