Bucky-Balls und Nano-Tubes
Das Fußball-Molekül und seine Verwandten
Sie sollen HI-Viren unschädlich machen, Medikamente direkt an ihren Zielort transportieren, als Seil für einen Weltraumaufzug dienen und eine neue Generation von Mikrochips ermöglichen: Fullerene und ihre Verwandten, die Kohlenstoff-Nano-Röhrchen.
8. April 2017, 21:58
Lange Zeit galten Grafit und Diamant als die einzigen fundamentalen Existenzformen des Kohlenstoffs. 1985 veröffentlichten Harold Kroto, Robert Curl und Richard Smalley dann eine Studie, wonach sich Kohlenstoff auch zu einer hohlen, fußballförmigen Struktur zusammenballen kann.
Und genauso sehen sie auch aus, die aus 60 Kohlenstoffatomen bestehenden Kohlenstoffmoleküle, die oft "Bucky-Balls" genannt werden.
Fullerene als Medikamente
Derzeit testen Pharmafirmen Fullerene zum Beispiel als Medikament gegen HI-Viren. An das Fußball-Molekül wird eine Seitengruppe angehängt, damit es wasserlöslich wird und der Körper damit umgehen kann. Das modifizierte Molekül macht das Virus unschädlich, indem es sich in dessen Hohlräume einnistet.
Laut Bruce Weisman von den Rice-Laboratories im texanischen Houston erproben amerikanische Firmen die Fußballmoleküle auch gegen Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer. Das Fulleren entschärft nämlich Eisenverbindungen, die Gehirnteile bei neurodegenerativen Krankheiten zerstören.
Die Nano-Tubes
Weitaus euphorischer sind Physiker und Chemiker in bezug auf einen Verwandten der Bucky-Balls, und zwar die Kohlenstoff-Nano-Röhren. Die Nano-Tubes sind nur etwa einen Millionstel Millimeter dick und haben im Vergleich zum Durchmesser eine sehr große Oberfläche.
Siegmar Roth vom Stuttgarter Max-Planck-Institut für Festkörperforschung prognostiziert, dass stromleitende Nano-Tubes bald im Gehäuse von Handies eingesetzt werden, um elektromagnetische Störungen abzuhalten. Im Vergleich zu den jetzt verwendeten Drähten wären sie um ein Vielfaches dünner und effektiver.
Nano-Röhrchen ersetzen Grafit
Bereits auf dem Markt sind Lithium-Ionen-Akkus, in denen Graphit durch Nano-Röhrchen ersetzt wurde. Einer der großen Vorteile der Kohlenstoff-Röhren laut Thomas Pichler vom Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung in Dresden: Sie machen die Batterie leistungsfähiger und verlängern deren Lebenszeit.
Neue Bildschirmgeneration durch Nano-Tubes
Kohlenstoff-Nano-Röhrchen könnten bald zu einer neuen Generation von Bildschirmen führen - zu Feld-Emissionsdisplays. Ein Bildpunkt würde einfach aus einem Bündel der winzigen Nano-Röhrchen bestehen, die wie eine Bildschirmröhre Elektronen aussenden.
Speichermaterial der Zukunft
Da ein Drittel der Kohlenstoff-Röhren Strom hundertmal besser als Kupfer leiten, sollen sie in Zukunft auch in Speicherelementen und Mikrochips Kupfer als Verdrahtungsmaterial ersetzen.
Nanoröhren in den Chips brauchen weniger Platz als Kupfer, dadurch können die Chiphersteller mehr Speicher unterbringen.
Dem Speicherhersteller Infineon ist es schon gelungen, die Kohlenstoff-Verdrahtung gezielt zwischen zwei Punkten wachsen zu lassen, bis auf zwanzig Millionstel Millimeter genau.
Herstellungsprobleme
Wie bei den Bucky-Balls ist auch bei den Nano-Röhren die Herstellung sehr schwierig und kostspielig - weil man einen ganzen Cocktail von Kohlenstoffverbindungen bekommt und das Gemisch erst wieder auftrennen muss.
"Wir werden noch einige Zeit brauchen, bis wir diese Dinge in den Griff bekommen. Aber was wir sicher wissen: Das Potential, das in diesem Material steckt, ist sehr vielversprechend", so Sumio Iijima, der die Kohlenstoff-Nano-Röhrchen 1991 entdeckt hat.
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http://www.golem.de/showhigh.php?file=/0206/20190.html&wort[=nano-r%F6hren|Infineon lässt Carbon-Nano-Tubes wachsen]
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