Musik ohne Reue

Pop für Erwachsene

Es gibt Popmusik, die man ohne Reue hören kann, die uns nicht dem Verdacht des Infantilismus aussetzt. Kennzeichen: Man hört diese Musik nie im Radio. Außer in Ö1. Musik von Bruce Hornsby, Mark Hollis, Joan Osborne, David Bowie, Peter Gabriel und, und, und...

Ausschnitt aus Herbie Hancock's "Flood"

Menschen, die auch schon einmal ein Buch gelesen haben oder wissen, wer Led Zeppelin ist, haben es nicht leicht. Wäre ich ein Geschäftsmann, dann würde ich im Plattengeschäft eine Abteilung für Erwachsene einrichten. Doch halt: Da unter dem Etikett "für Erwachsene" nicht qualitätsvolle Produkte, sondern - äh - ganz etwas anderes verstanden wird, sehen sich die Hörerinnen und Hörer auch in dieser Hinsicht zu Recht im Regen stehen gelassen. Was also tun in Zeiten musikfreier Musik?

Pop ist in die Jahre gekommen und allerorts sprießen Retroklone aus dem Boden, Massenproduktion für Verbraucher von drei bis 14. Wir sollten sie "musikähnliche Ereignisse" nennen, die aus nur zwei Gründen interessant sind: Erstens, weil sie Geld bringen, und zweitens, weil die Software-Industrie neue sogenannte "plug in's" unter's (User)-Volk bringen will.

Die gute Nachricht ...

Wie viele Erwachsene müssen ihren Spieltrieb bei den Spielsachen ihrer Kinder verstecken - wenn beispielsweise Papa die Eisenbahn aufbaut oder wenn Mütter im Club - leicht befangen ob der Qualität des Gebotenen - das Tanzbein schwingen? Wir sind doch alle große Kinder. Im Herzen wühlt noch der Pop, der mit uns alt geworden ist. Und jetzt die gute Nachricht:

Es gibt sie: "Popmusik", die man ohne Reue hören kann, die uns nicht dem Verdacht des Infantilismus aussetzt. Kennzeichen: Man hört diese Musik so gut wie nie im Radio. Außer auf Ö1. Und in "Spielräume Spezial".

"Aber Wo? Und, vor allem: Von Wem?"

Anja Garbarek, Tochter eines berühmten Vaters, dem die Eso-Welle die Farbe aus dem Haar gespült hat, bleibt sich hoffentlich noch eine Weile treu. Die junge Sängerin, die mit so ausgebufften Profis wie Robert Wyatt und Mitsuo Tate arbeitet, lässt mit ihrer erstaunlichen CD "Smiling and Waving" mehr als aufhorchen.

Aber auch die Älteren können’s! Die Rede ist natürlich zuerst einmal von David Bowie und Peter Gabriel, die - durch ihr reifes Alter inspiriert - sich der Musik zuwenden, die - welch ein Luxus - sie auch selbst interessiert. Geld haben sie ja genug verdient. Als anspruchsvolle Gestalter in der Pop-Musik spielen sie mit der Zeichensprache dieser vergänglichen Kunstform. Es ist "Musik über Musik", nur die Botschaft muss verstanden werden.

Am Beispiel von Bowies "Sunday" vom Album "Heathen", seiner vorletzten CD: Das Schlagzeug setzt - wie in allen guten Rocksongs - mit aller Kraft ein, doch mit dem kleinen Unterschied, der Kommerz von Kunst und Witz von Blutleere unterscheidet: Das Schlagzeug beginnt erst dann, wenn der Song schon fast vorüber ist.

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