Kontinuierliches Neubeginnen mit Sackgassen-Finish

Ein ständiger Versuch der Kommunikation

Im Herbst 2003 wurde Olga Neuwirths Oper "Lost Highway" beim Grazer "steirischen herbst" uraufgeführt. Danach kam ein Kompositionsauftrag für die "Lost Highway"-Suite, die nun im Rahmen von "Wien Modern" zu hören war. Aus diesem Anlass ist Neuwirth Gast im Studio.

Gemeinhin besteht eine Suite aus mehreren Sätzen, doch als Olga Neuwirth den Auftrag bekam, aus ihrer Oper "Lost Highway", beruhend auf dem gleichnamigen Film von David Lynch, eine instrumentale Suite zu komponieren, war dies das erste Dogma, das über Bord geworfen wurde. "Lost Highway" ist eine aussichtlose Liebesgeschichte oder eine Geschichte über Aussichtslosigkeit der Liebe, ein ständiger Versuch der Kommunikation, der immer wieder in Kommunikationslosigkeit endet.

"Es musste ein durchlaufendes Stück werden", merkt Olga Neuwirth an, "denn in diesem ständigen kontinuierlichen Neubeginnen, das dann immer wieder abbricht und in Sackgassen mündet, spiegelt sich die Geschichte von "Lost Highway".

Erstaufführung bei "Wien Modern"

Im Herbst 2003 war die Oper in Graz beim "steirischen herbst" uraufgeführt worden und ein Jahr später kam nun als Kompositionsauftrag von "Wien Modern" und "Musica Straßburg" die Suite zu "Lost Highway" zur Erstaufführung, interpretiert durch das "Klangforum Wien" mit Johannes Kalitzke im Rahmen von "Wien Modern" im Wiener Konzerthaus.

In jene Klangsprache, die man mit Olga Neuwirth assoziiert, wenn man ihre früheren Werke kennt, brechen zweimal fremde Welten ein. Aus dem Flirren und Klingen, so abstrakt klingend wie emotional wirkend, tauchen zuerst ein Song auf und später dann, gegen Ende der Geschichte, ein Choral von Monteverdi.

Trügerische Hoffnung

Während der Song einen Moment von Hoffnung signalisiert, eine letztlich trügerische Hoffnung auf gegenseitiges Einverständnis, wenn schon nicht wirkliches Verständnis oder gar Liebe, repräsentiert der Choral paradoxerweise das endgültige Aus für die Hoffnung.

In David Lynchs Film spielt diese Szene in der Wüste - nie ein gutes Zeichen in Lynch-Filmen. Und auch bei Olga Neuwirth ist es von dieser Szene musikalisch nicht mehr weit zurück auf den endlosen amerikanischen Highway, auf das Symbol für sowohl Ausweglosigkeit wie auch endlose Wiederkehr des Immergleichen.

Neuwirth zu Gast im Studio

Nachdem vor wenigen Tagen in "Zeit-Ton" Olga Neuwirths neuestes Werk "... ce qui arive ..." nach Tagebuchtexten von Paul Auster zu hören gewesen war, ein Stück, das auf seine Weise ebenso das Hineingeworfensein in die wie zufälligen Schicksalsverläufe des Lebens schildert, folgt in dieser Dienstag-Ausgabe die Suite zu "Lost Highway", ein dreiviertelstündiges, trotz seiner depressiven Haltung beinahe opulentes Werk.

Überdies ist Olga Neuwirth auch zu Gast im Studio: "Das Schweigen als Machtmittel in der Kommunikation, dieses ständige Etablieren von Hierarchieverhältnissen, davon erzählt Lost Highway", sagt sie, "Das ist nicht meine Welt, aber die Welt funktioniert so." Und insofern erzähle dieses Stück von etwas sehr Heutigem, "von dieser vorherrschenden, unglaublichen Kälte".