Reformation à l'allemand

Luther

Einfach "Luther" heißt die neue, international besetzte Filmbiografie des Reformators, die jetzt bei uns ins Kino kommt. Der Streifen ist ein in geschichtlichen Dingen sehr freizügiges Historienspektakel mit Joseph Fiennes in der Titelrolle.

Luther im Kino gibt es schon seit mehr als 90 Jahren. "Die Wittenberger Nachtigall" hieß 1913 der erste, damals noch stumme Film über den großen Kirchenreformator und Bibel-Übersetzer, und seither ist Martin Luther immer wieder im Licht des jeweiligen Zeitgeists inszeniert worden.

Die späten 20er Jahre formten Luthers Biografie zum - so ein einschlägiger Filmtitel - "Lebensbild für das deutsche Volk", ein amerikanischer Luther-Film des Jahres 1953 zeigte Luther als Mann der Tat, und das DDR-Fernsehen legte 1983 in einer fünfteiligen Serie zum 500. Geburtstag des Reformators den Schwerpunkt auf dessen sozialkritische Anliegen.

Der Rebell

Von solchen politischen Implikationen ist der neue "Luther"-Film gleich weit entfernt wie von diffizilen theologischen Problemen. Um 30 Millionen Dollar, zum Teil aufgebracht von amerikanischen Lutheranern, hat der kanadische Regisseur Eric Till hier ein buntes Historienspektakel inszeniert, das den Weg Luthers vom Eintritt in den Augustinerorden 1505 bis zum Augsburger Reichstag anno 1530 nachzeichnet, auf dem das erste schriftliche Bekenntnis der Protestanten, das Augsburger Bekenntnis, öffentlich verlesen wurde. Luther erscheint hier vor allem als Rebell gegen Obrigkeit und anachronistische Kirchensitten.

Freier Umgang mit der Geschichte

Mit der Geschichte wird dabei recht frei umgegangen, und dies nicht nur, weil der historisch eher füllige Luther im Film bis zuletzt ein schlanker Jüngling bleibt. Eine der spektakulärsten Szenen des Films, ein kollektiver Kniefall der deutschen Kurfürsten vor Kaiser Karl V., ist frei erfunden, und auch sonst wird manches dem Effekt zuliebe hingebogen.

Die Besetzung, immerhin, kann sich sehen lassen: Um den durch Liebhaberfiguren wie "Shakespeare in Love" bekannt gewordenen Joseph Fiennes gruppieren sich markante Stars wie Bruno Ganz und Sir Peter Ustinov.

Alle zufrieden?

Die evangelische Kirche hat sich durch ihre Sprecher bisher eher zufrieden mit dem neuen Luther-Film gezeigt: Oberkirchenrat Michael Bünker hob hervor, der Film mache deutlich, dass "das Gewissen der Menschen und die Heilige Schrift letzte Instanzen in Glaubensfragen sind".

Auch finanziell läuft der Streifen gar nicht schlecht: In den USA hat das Spektakel in den ersten acht Wochen immerhin fast sechs Millionen Dollar eingespielt. Dennoch - "hier stehe ich und kann nicht anders" - bleibt das Resümee: Vielleicht hat der Luther dieses Films die Kirche reformiert, sicher jedoch nicht das Kino.

Luther
USA, Deutschland, 2003
mit: Joseph Fiennes, Bruno Ganz, Sir Peter Ustinov, Uwe Ochsenknecht
Buch: Bart Gavigan, Camilla Thomasson
Regie: Eric Till