Melita Jurisic im Gespräch

Star des "Schauspielhaus"-Ensembles

Als "Medea" feierte sie vor zwei Jahren ihr umjubeltes Wien-Debüt. Und verhalf der damals neuen "Schauspielhaus"-Leitung Kosky/Berg zu einem fulminanten Start: Melita Jurisic, in Australien lebende gebürtige Kroatin, die in Kürze wieder als "Poppea" zu sehen ist.

Melita Jurisic über ihre Zusammenarbeit mit Barrie Kosky

Sie war "Medea", sie war "Macbeth", nun ist sie "Poppea": Melita Jurisic, die seit zwei Jahren zu den Ensemble-Stars des Wiener "Schauspielhauses" zählt. Mit Barrie Kosky ist die in Australien lebende gebürtige Kroatin nach Wien gekommen. Als "Medea" feierte sie damals ihr vielumjubeltes Debüt und verhalf damit der neuen "Schauspielhaus"-Leitung Kosky/Berg zu einem fulminanten Start - in kroatisch, ihrer Muttersprache.

Mit vier nach Australien

Im Alter von vier Jahren übersiedelte Melita Jurisic mit den Eltern nach Australien. Den Kontakt zu Europa hat sie aber nie verloren, wie sie erzählt: "Ich habe mich immer wie ein Zwitterwesen gefühlt. Wie jemand, der an einen fremden Ort verpflanzt wurde. Ich war immer eine Fremde. Aber hier bin ich meinen Wurzeln nahe: Die Heimat ist nur eine Grenze entfernt."

In Australien ein Star

In Australien gilt Melita Jurisic schon seit den 80er Jahren als Star: Dort kennt man sie aber nicht nur als Theater-Schauspielerin, sondern auch aus zahlreichen TV-Serien und aus ihrem Film "The Tale of Ruby Rose", für den sie beim Filmfestival von Venedig mit dem Jurypreis als beste Schauspielerin ausgezeichnet wurde.

Aus gehobener Mittelschicht

Aufgewachsen in der gehobenen Mittelschicht Australiens, besuchte Jurisic die Highschool und belegte dort aus Neugier einen Abendkurs der "Melbourne Theatre Company". "Ich wollte einfach schauen, ob ich Talent habe", erinnert sie sich. Und da dies offenbar der Fall war, bot man ihr sofort eine Rolle an. Sie spielte große Rollen - von "König Lear" bis zu "Hedda Gabler". Und sie spielte kleine Rollen in TV-Serien wie den "Flying Doctors" und Hauptrollen in Filmen wie "The Tale of Ruby Rose", "The sound of one hand clapping" und "Transatlantic".

Kosky bei "Faust" kennen gelernt

Bei der Theater-Produktion zu Goethes "Faust I und II", lernte sie Barrie Kosky kennen, der schließlich zu ihrem Lieblingsregisseur wurde und mit dem sie bisher vier Produktionen gemacht hat.

Derzeit als "Poppea" zu sehen

Derzeit ist Jurisic als singende "Poppea" in Koskys Mischung aus Sprechtheater, Oper, Operette und Musical zu sehen. Für fast alle Produktionen hatte Jurisic gute Kritiken - die sie aber nicht liest: "Ich verstehe sie nicht", sagt sie ganz offen zu und verweist auf ihre mangelhaften Deutschkenntnisse.

Eine Herausforderung

Was sie im Alltag als Hindernis empfindet, sieht Jurisic beim Spielen als Herausforderung: "Wenn man sich neu erfinden kann in einer fremden Sprache ist das doch fantastisch. Man nimmt nichts für selbstverständlich, man hat kein vorgefasstes Konzept, keine second hand Ausdrucksmittel. Die Sprachmelodie ist neu, jedes Wort, jede Bedeutung muss man erst erspüren", meint die Schauspielerin.

Von Konservativismus überrascht

Jurisic ist selbst eine begeisterte Theaterbesucherin, auch deshalb war Wien für sie ein Anreiz. Vom Konservativismus des Wiener Theaters sei sie allerdings überrascht gewesen: Welche Stücke hier für Aufregung sorgen und als avantgardistisch eingestuft werden. Was sie an Wien schätzt: Dass so viele ältere Schauspielerinnen und Schauspieler ihren Beruf ausüben.

Von Konservativismus überrascht

Jurisic ist selbst eine begeisterte Theaterbesucherin, auch deshalb war Wien für sie ein Anreiz. Vom Konservativismus des Wiener Theaters sei sie allerdings überrascht gewesen: Welche Stücke hier für Aufregung sorgen und als avantgardistisch eingestuft werden. Was sie an Wien schätzt: Dass so viele ältere Schauspielerinnen und Schauspieler ihren Beruf ausüben.

Interkultureller Anspruch

Das "Schauspielhaus" mit seinem interkulturellen Ansatz nehme in der Wiener Theater-Szene eine ganz wichtige Position ein, ist Jurisic überzeugt: "Hier mischen sich so viele Kulturen und Sprachen. Das 'Schauspielhaus' ist repräsentativ für die Wiener Gesellschaft, denke ich. Und genau das war Koskys Absicht."

Vertreterin emotionaler Darstellung

Der am "Schauspielhaus" herrschende emotionale Spielstil, der sich deutlich vom heute üblichen kühlen, intellektuellen Stil abhebt, entspricht Jurisics' emotionaler Rollengestaltung. "Wenn ich ins Theater gehe, will ich überwältigt, bereichert und tief berührt werden, möchte lachen und weinen. Auch Barrie ist so eine emotionale Persönlichkeit. Er lässt uns verschiedene Emotionen ausprobieren, so dass man die Grenzen eines Charakters und einer Produktion ausloten kann. Und oft wird noch während der Proben geändert. Wenn wir nun nach einem Monat wieder 'Poppea' spielen, kann es sein, dass wir etwas Neues ausprobieren", so Jurisic.

Für längere Zeit in Wien

Jedenfalls will Jurisic, die im Vorjahr auch in zwei australischen Produktionen mitgewirkte, noch eine Weile in Wien bleiben. Denn auch außerhalb des "Schauspielhauses" seien ihr bereits Engagements angeboten worden. Konkret will sie dazu aber noch nichts sagen. Ebenso wenig wie über ihr Alter, das sie geheimnisvoll verschweigt: "I believe in the mystery of the performer ... "

Theater-Tipp
"Poppea. Ein Stück Musik-Theater nach Monteverdi", Regie und musikalische Leitung: Barrie Kosky, Übersetzung, Dramaturgie: Susanne Wolf, musikalische Arrangements: Barrie Kosky, Jörg Ulrich Krah, mit: Melita Jurisic, Ruth Brauer, Betrice Frey, Barbara Spitz, Kyrre Kyam, Martin Niedermair, Florian Carove; 21. Jänner bis 22. Februar, Dienstag bis Samstag 20:00 Uhr, Sonntag 18:00 Uhr, keine Vorstellung am 27. und 29. Jänner und 4. Februar.

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Schauspielhaus Wien