Die totgesagte Malerei ist gar nicht tot
Neue Wilde
Im Zentrum der neuen Ausstellung in der Sammlung Essl steht die individuelle Entwicklung von Künstlern wie Siegfried Anzinger, Hubert Schmalix oder Gunter Damisch, die sich in den 80er Jahren unter dem Begriff "Neue Wilde" am Kunstmarkt etablierten.
8. April 2017, 21:58
Beschneite Berge hängen da neben abstrakten Farbfeldern, oder die Malerei wird mit einem so alltäglichen Sujet wie einem Hundekopf herausgefordert. Die Vielfalt ist groß, bei den alten wie bei den neuen Arbeiten der "Neuen Wilden".
Etikettenschwindel
Für Gunter Damisch war dieser Begriff der "Neuen Wilden" schon in den 80er Jahren ein Etikett, das vor allem dem Kunstmarkt diente. Es waren die Galeristen, die mit einem so griffigen Namen das Publikum anlocken wollten. Schon kurz nach dem Auftauchen dieses Etiketts wurde es von den Künstlern belächelt. Sie fanden, dass ihre Vorläufer zum Teil schon viel "wildere" künstlerische Positionen vertreten hatten, beziehungsweise hatten kontemplative Künstler wie Erwin Bohatsch die Bezeichnung "wild" ganz bestimmt nicht verdient.
Wild war vielleicht der Auftritt der jungen Künstler, die sich nach den 70er Jahren mit Konzeptkunst und Joseph Beuys einfach langweilten und ganz neue, starke Ausdrucksmittel finden wollten. Keineswegs nur in malerischer Hinsicht: So spielte Gunter Damisch etwa in einer Band namens "Molto brutto".
Ein Atelier für Anzinger und Mosbacher
Oder Künstlerfreunde wie Sigfried Anzinger und Alois Mosbacher teilten sich zwei Jahre lang das Atelier - was sich natürlich auch künstlerisch niederschlug, wie Alois Mosbacher heute meint. Vor allem ihre Zeichnungen - nicht die Malereien - seien immer wieder verwechselt worden, sogar in Ausstellungen. Auch die fetzigen Signaturen hätten kaum einen wirklichen Hinweis auf die Autorenschaft gegeben.
Auf die Frage, wie es heute mit diesen Naheverhältnissen aussehe, antwortet Mosbacher: Ja, die Freundschaften gebe es nach wie vor, er selbst habe vor einiger Zeit für ein halbes Jahr in dem alten Haus von Hubert Schmalix in Los Angeles gelebt und gearbeitet. Die Freundschaften seien noch da, aber so enge Verbindungen gebe es nicht mehr. Mittlerweile seien sie alle so etabliert, dass sie sich ein eigenes Atelier leisten könnten, meint Mosbacher ganz lakonisch.
Totgesagte leben länger
Was die Schau nicht zeigt, sind die Frauen, die damals mit von der Partie waren, wie Johanna Kandl oder Brigitte Kowanz. Laut Kuratorin Gabriele Bösch ein Reflex auf diese Zeit, in der die Frauen noch nicht ganz ernst genommen wurden.
Heute werden sie aber auch nicht gefeiert - zumindest nicht bei Essl - nicht einmal wenn sie so eindeutig Malerinnen sind wie Johanna Kandl, die derzeit Österreich bei der internationalen Biennale in Kairo mit ihrer gegenständlichen Malerei, als deren Basis sie gerne Schnappschüsse verwendet, vertritt. Und dass die Malerei gefeiert werden soll, ist explizites Anliegen dieser Ausstellung. Wie Kuratorin Gabriele Bösch erklärt, soll wieder einmal dokumentiert werden: Die hundertmal totgesagte Malerei ist gar nicht tot.
Ausstellungs-Tipp
"Neue Wilde - Eine Entwicklung", Ausstellung in der Sammlung Essl bis 21. März 2004
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Link
Sammlung Essl