Telemanns "sehr angenehme Musicke"
Bachs schlauer Freund
Zu seiner Zeit höchst geschätzt, wurde Georg Philipp Telemann von den Musikhistorikern des vorigen Jahrhunderts gern als "Vielschreiber" abgestempelt. Sein Ouevre umfasst mehr als 2.000 Werke.
8. April 2017, 21:58
Musica Antiqua Köln
Georg Philipp Telemann (1681-1767), in Magdeburg geboren, war mit Johann Sebastian Bach eng befreundet. Als es galt, den in Leipzig vakanten Posten des Thomaskantors zu besetzen, war der Rat der Stadt Leipzig brennend daran interessiert, dass Telemann das Amt übernimmt. Dieser jedoch nützte seine Favoritenrolle geschickt aus, ließ die Leipziger im Stich, schlug für sich noch mehr Ämter und Honorar in Hamburg heraus und verschaffte seinem Freund Bach, der am Hof in Köthen angestellt war, den heißbegehrten Posten. Thomaskantor in Leipzig zu sein, das bedeutete damals für einen Musiker in deutschen Landen viel, sehr viel erreicht zu haben. Freilich noch mehr erreicht hatte Telemann: Er konnte sich quasi Generalmusikdirektor der reichen Hansestadt Hamburg nennen, regierte über die Musik der zwölf Hauptkirchen der Stadt, kontrollierte das Musiktheater und war bei offiziellen Anlässen mit - natürlich extra honorierten - Auftragskompositionen stets vertreten.
Ein Vielschreiber?
Zu seiner Zeit unendlich geschätzt, wurde Telemann durch die Brille der Musikhistoriker des vergangenen Jahrhunderts gern als "Vielschreiber " abgestempelt. Sein Ouevre umfasst mehr als 2.000 Werke, darunter zahlreiche Orchestersuiten, Konzerte und Kammermusik. Der Großteil davon ist übrigens immer noch nicht in modernen Ausgaben erhältlich. Viele der Werke, die heute gespielt werden, müssen noch aus Manuskripten transkribiert werden. Was erst in den letzten Jahren immer mehr deutlich wird: Telemann war ein genialer Nachempfinder der verschiedenen musikalischen Stile seiner Zeit. So schuf er z. B. Kirchenmusik nach Art des für Frankreich so typischen "Grand Motet", schrieb Concerti auf italienische Manier oder ließ Liebhaber in seiner Opern nach Art der Pariser "Airs de Cour" singen.
"Gieb jedem Instrument das, was es leiden kann... "
Sein künstlerisches Credo hat Telemann Zeit seines Lebens beherzigt: "Gieb jedem Instrument das, was es leiden kann, so hat der Spieler Lust, Du hast Vergnügen dran". Sei es dann, wenn er die Streicher nach Arts der Polnischen Dudelsäcke über Bordunen spielen oder die damals so beliebten Chamuleaux - klarinettenartige Instrumente - nach Art der Venezianischen Virtuosen aufspielen oder die Violine über "Gullivers Reisen" phantasieren lässt. Heiter, vielleicht weniger intellektuell, aber zu Herzen gehend, sollte seine Musik sein. Herr Telemann hatte auch einen Hang zum Kuriosen, Komischen: So muss man nicht erst im Grimmschen Wörterbuch nachsehen, um zu erkennen, was sich hinter dem Violinkonzert "Die Relinge" verbirgt. Bereits das erste Solo malt das Quacken der Relinge - der Frösche - nach.
Aus Telemanns Autobiographie
"Ich bin in Magdeburg, von einem Prediger in der Heil. Geist Kirche, Henrico, gezeuget. Meine Schulen sind gewesen: In Magdeburg die Alt-Städter, hernach die Dohm-Schule, hierauf die auf dem Zellerfelde auf dem Harze, und endlich (1697) das Gymnasium zu Hildesheim. Die Music habe ich zeitig getrieben, und schon im 11. oder 12. Jahre eine Oper, so auch in Magdeburg aufgeführet worden, verfertigt, zu geschweigen der Kirchen Stücke und Moteten für Chor, deren ich schon vorher eine ziemliche Anzahl gemacht, wobey ich zugleich fürs letztere verschiedene Arien poetisch aufgesetzet, wie ich auch nicht weniger die Flöte à bec, Violine, nebst dem Clavier, ergriffen und mich auf dem letztern gleich zum General-Basse gewendet. Bey allem dem ist die bloße Natur meine Lehr-Meisterin, ohne die geringste Anweisung, gewesen."
"Was ich in den Stylis der Music gethan... "
Und weiter heißt es bei Telemann: "Meine Bedienungen betreffend, so dirigirte ich schon in Hildesheim die Music in der Godthardiner Kirche. In Leipzig ward ich (1701) Direct: Mus: und Organist in der neuen Kirche, hierauf Capell-Meister beym Grafen von Promnitz, ferner Concert- und bald hernach Capell-Meister, wie auch Secretarius, in Eisenach. Von da ging ich als Capellmeister nach Frankfurth am Mayn (1712), endlich bin ich itzo (seit 1721) Director Mus: in Hamburg. Was ich in den Stylis der Music gethan, ist bekannt. Erst war es der polnische, dann folgete der Französ., Kirchen-Cammer- und Opern-Styl, und was sich nach dem Italiänischen nennet, mit welchem ich denn itzo das mehreste zuthun habe."